Wenn eine Pflicht mehr Freiheit bedeutet
- -Aktualisiert am
Zu Besuch im Drive-in-Impfzentrum: Hendrik Wüst (CDU), NRW-Ministerpräsident, und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker Bild: dpa
Immer mehr Politiker, die zuvor eine Impfpflicht ausgeschlossen haben, sprechen sich nun für sie aus. Skeptisch gegenüber diesem Mittel bleiben vor allem Vertreter von SPD und FDP – doch auch ihr Widerstand bröckelt.
Auf den Intensivstationen in Baden-Württemberg lagen am Dienstag 507 Covid-19-Patienten. Im Sommer waren die Intensivmediziner des Landes der Meinung, 300 dieser schwerstkranken Patienten könnten sie gut versorgen, danach werde es dramatisch. Winfried Kretschmann hatte schon am 23. Juli die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern darauf hingewiesen, dass das Virus die Maßnahmen diktiere. „Mir brennt der Kittel“, sagt Kretschmann in solchen Situationen gern. Am Wochenende fasste er dann mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) den Entschluss, in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die F.A.Z. die Gründe für eine allgemeine Impfpflicht darzulegen; es war der Beginn einer breiten Debatte.
Der schwarz-grüne Impfpflicht-Konsens sollte auch die künftigen Koalitionsparteien der Ampel wachrütteln, schließlich leiden die beiden Südländer unter dramatisch hohen Inzidenzen. Möglicherweise hat auch die von vielen als Fehler empfundene Entscheidung der Ampelparteien, die epidemische Notlage nationaler Tragweite auszusetzen, den Impfpflicht-Befürwortern gerade jetzt Handlungsspielräume eröffnet. Jedenfalls zeigte sich mit dem stellvertretenden nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Joachim Stamp erstmals auch ein ranghoher FDP-Politiker offen für die allgemeine Impfpflicht. Bisher hatten Freidemokraten sie stets mehr oder weniger strikt abgelehnt.
Jetzt 30 Tage kostenfrei testen 2,95 € / Woche
Jetzt kostenfrei Zugang abonnieren?