Im Gespräch: Michael Glos : „Müllermeister bleibt Müllermeister“
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Weit und breit kein Waldbrand in Sicht: Michael Glos auf seiner diesjährigen Wahlkreiswanderung Bild: Hartmut Heß
Schon Karl Valentin hat mit Erstaunen festgestellt, dass an jedem Tag genau so viel passiert, dass es in eine Zeitung passt. Im F.A.Z.-Sommerlochinterview lüftet Michael Glos das Geheimnis, warum dieser Mechanismus sogar im Hochsommer funktioniert.
Das allererste Sommerlochinterview der F.A.Z. führt nach Prichsenstadt bei Würzburg. Der Ort liegt malerisch, umgeben von Weinhängen. In der Hauptstraße stehen die mit unterfränkischer Gründlichkeit renovierten Häuser dicht an dicht. Die Luft flirrt in der Hitze, während die Bewohner die harten Konsonanten in ihrem Mund weich klopfen. Oben auf dem Klingelschild steht Stolzmühle GmbH. Den in einem Nachbarort gelegenen Familienbetrieb hat „der Junior“ schon vor langer Zeit übernommen. Statt Getreide werden dort heute Futter- und Energiepflanzen verarbeitet. Die untere Klingel des Hauses gehört zum Wahlkreisbüro von Michael Glos. Der langjährige CSU-Landesgruppenchef und frühere Bundeswirtschaftsminister hat jüngst angekündigt, im kommenden Jahr nach dann 37 Jahren im Bundestag nicht noch einmal zu kandidieren. Mit 68 Jahren will er sich aus der Politik zurückziehen.
Glos sitzt an einem Tisch im Innenhof seines Wohnhauses, das direkt neben seinem Wahlkreisbüro liegt. Ein Baum spendet Schatten, das kleine Brünnlein sorgt für einen angenehm kühlen Luftzug. Für jedes seiner fünf Enkelkinder hat der CSU-Mann hier eine Tierskulptur aus Metall aufstellen lassen. Der für seine Zwischenrufe im Bundestag berüchtigte Abgeordnete lehnt sich weit in seinem Gartenstuhl zurück, allzeit bereit zu Ironie und Selbstironie, auch wenn diese, wie er schon leidvoll erfahren musste, nicht von jedem verstanden werden.
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Herr Glos, könnten Sie uns zunächst einen Gefallen tun?
Welchen?
Würden Sie vielleicht den Brunnen abstellen?
Nein.
Das ist schade - das dauernde Plätschern im Hintergrund wird später das Abhören des Mitschnitts unseres Gesprächs beschwerlich machen.
Genau deshalb hab ich den Brunnen ja einbauen lassen! Es muss hier ja nicht jeder Nachbar mithören, was im Hof gesprochen wird. Wissen Sie, da, wo Sie jetzt sitzen, saßen schon Angela Merkel, Helmut Kohl, Theo Waigel und viele andere.
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Glos hat sich ein von ihm so genanntes Ruhestandshaus gekauft - ohne Garten. „Ich wollte meine Frau von der Gartenarbeit entlasten“, sagt er. Also nur ein gepflasterter Innenhof, in dem, wie von Geisterhand, der Brunnen dann doch abgeschaltet wird.
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Herr Glos, wir möchten gerne mit Ihnen über das sogenannte Sommerloch sprechen. Nach so vielen Jahren im Bundestag kennen Sie ja das Geschäft . . .
. . . na ja, Wolfgang Schäuble würde jetzt sagen: „ein Stück weit“. Er, der ja sogar seit 1972 im Bundestag ist, ist ein großer Liebhaber dieser Formulierung. „Ein Stück weit“, das kann heißen eine Armlänge, aber auch: von Offenburg bis Gengenbach.
Zum Sommerloch erzählt man sich, eine bestimmte Zeitung führe eine sogenannte Irren-Liste mit Abgeordneten, die immer für eine abwegige Forderung gut sind.
Schon möglich. Jedenfalls hat sich die Zeitung mit den großen Buchstaben früher, wenn es gerade keine politischen Sensationsnachrichten gab, selber Abgeordnete gesucht, die den Führerschein für Radfahrer fordern oder dass Mallorca das siebzehnte Bundesland werden soll.
Hat man es bei Ihnen auch versucht?