Holocaust-Gedenktag : Graumann warnt vor neuem Antisemitismus
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Auschwitz-Birkenau: Mit einer Gedenkstunde in dem ehemaligen Konzentrationslager und vielen weiteren Veranstaltungen wird an diesem Montag der Opfer des Holocaust gedacht. Bild: dpa
Vor einem „neuen Antisemitismus“ warnt der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann zum Holocaust-Gedenktag. Niemand dürfe akzeptieren, wenn sich Juden nicht überall in Deutschland frei bewegen könnten.
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hat zum Holocaust-Gedenktag vor einem neuen Antisemitismus gewarnt. „Sorgen macht mir vor allem, dass heutzutage das Wort „Jude“ auf deutschen Schulhöfen als Schimpfwort benutzt wird und es offenbar keinen groß zu kümmern scheint“, sagte Graumann der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ vom Montag.
Er kritisierte auch, dass Juden in Deutschland wieder geraten werde, bestimmte Plätze zu meiden oder sich dort nicht als Jude zu erkennen zu geben. Die jüdische Gemeinschaft werde sich niemals einschüchtern lassen, es sei aber wichtig, dass niemand in Deutschland eine solche Situation akzeptiere, verlangte Graumann.
Einladung nach Israel
Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, hob die besondere Beziehung Israels zu Deutschland hervor. Die Juden spielten „eine signifikante Rolle in der deutschen Geschichte“, sagte Hadas-Handelsman der „Berliner Morgenpost“ vom Montag. Ebenso verhalte es sich umgekehrt. Als Beispiel nannte der Botschafter, dass die Juden noch vor Christus mit den Römern auf deutsches Gebiet gekommen seien.
„Auch die jüdische Reformation hatte ihren Ursprung in Deutschland.“ Hadas-Handelsman rief zudem zum gemeinsamen Erinnern auf. „Der Holocaust ist eine Tragödie für die gesamte Menschheit“, sagte er. „Das bekräftigt unsere Anstrengungen, dass so etwas nie wieder passieren darf.“ Der Botschafter fügte hinzu, es sei auch sehr wichtig, dass Deutsche nach Israel kämen. „Nicht für uns. Sondern um sich selbst besser zu verstehen.“
Gedenken im Bundestag
Fast 70 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedenkt heute auch der Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus. Gastredner der Gedenkstunde des Bundestages ist der 95 Jahre alte russische Schriftsteller Daniil Granin. Er überlebte die Blockade Leningrads, des heutigen Sankt Petersburg, durch die deutsche Wehrmacht. Sie endete am 27. Januar 1944, ein Jahr vor der Befreiung von Auschwitz. Die Belagerung kostete mehr als eine Million Zivilisten das Leben. Die Gedenkstunde im Bundestag findet seit 1996 regelmäßig anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz durch russische Soldaten am 27. Januar 1945 statt. Im vergangenen Jahr hielt die Autorin und Holocaust-Überlebende Inge Deutschkron die Gedenkrede.
Nach der Gedenkstunde im Bundestag treffen sich Teilnehmer der internationalen Jugendbegegnung, die jährlich zum Gedenken an die NS-Opfer stattfindet, zu einer Podiumsdiskussion mit Granin und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Außerdem eröffnet Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD) im Bundestag die Ausstellung „Erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“.
Knesset-Abgeordnete in Auschwitz
Im ehemaligen Konzentrationslager in Auschwitz werden 61 Knesset-Abgeordnete und damit mehr als die Hälfte des israelischen Parlaments zusammen mit Überlebenden der Ereignisse gedenken. Im größten deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager wurden im Zweiten Weltkrieg mehr als eine Million Menschen ermordet. Die meisten Opfer waren Juden aus dem von Nazi-Deutschland besetzten Europa. Mit Parlamentariern anderer Länder, darunter auch Bundestagsvertretern, diskutieren die Abgeordneten der Knesset anschließend in Krakau über Antisemitismus in der Gegenwart.
In ganz Deutschland finden zahlreiche Veranstaltungen zum Thema statt. Im Deutschen Historischen Museum in Berlin ist an diesem Montag der Eintritt frei. Das Museum bietet zudem spezielle Ausstellungsführungen zur NS-Vernichtungspolitik und zur Rolle der evangelischen Kirche im Dritten Reich. Im Zeughauskino des Museums läuft die Dokumentation „Shoah“ des französischen Regisseurs Claude Lanzmann.