Das sind die hohen Hürden beim Familiennachzug
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Der syrische Flüchtling Rafat Albuni steht in der Küche seiner Wohnung in Philippsthal und hält ein Bild seiner Brüder Zaid (rechts) und Taim in der Hand. Bild: Frank Röth
Bis Ende Juli hat die große Koalition den Familiennachzug für Flüchtlinge ausgesetzt, danach dürfen pro Monat 1000 Angehörige nachgeholt werden. Doch auch die schon jetzt geltende Härtefallregel stellt Betroffenen vor Probleme.
Das Foto steht im Regal, hölzerner Rahmen, im Bild zwei Jungs, beide stehend, links Taim, er wird im Juni drei, daneben Zaid, er ist sechs Jahre alt. Rafat Albuni stellt das Bild der zwei Brüder zurück und greift zum Mobiltelefon. Darauf weitere Fotos, geschickt von den Eltern in Syrien. Eines zeigt Zaid mit Rollator, auf einem anderen ist der Rücken des Jungen zu sehen, übersät von Narben. Zaid kam mit einer Fehlbildung des Rückenmarks auf die Welt, „offene Myelomeningocele“, hat der syrische Kinderarzt als Diagnose vermerkt, eine besonders schwere Form der Fehlbildung. Am Tag der Geburt wird die Stelle von Chirurgen verschlossen, zwei Wochen später ist eine weitere Operation nötig. Die Nerven blieben geschädigt, Zaid kann nicht ohne fremde Hilfe laufen. Das heißt auch: Der Junge kann nicht alleine Schutz suchen, wenn in Syrien die Bomben vom Himmel fallen. Noch könnten die Eltern ihn tragen, sagt Albuni, doch das gehe immer schlechter, Zaid wachse und werde schwerer. Deshalb müsse er nach Deutschland kommen, nur hier sei Zaid in Sicherheit.
Albuni kam auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise nach Deutschland, mit dem Boot über das Mittelmeer und danach den Balkan hinauf bis nach München, heute lebt er in einer kleinen Wohnung im nordhessischen Philippsthal. Der 23 Jahre alte Syrer besucht vormittags einen Deutschkurs im nahegelegenen Bad Hersfeld, arbeitet nachmittags als Lagerhilfe und will eines Tages sein Studium des Flugzeugbaus fortsetzen, das er an der Universität von Aleppo begonnen hatte. Welche Aussichten Albuni hat, seinen Bruder aus Syrien nachzuholen, ist völlig offen. Die Zeit könnte kaum ungünstiger sein, denn die Bundesregierung arbeitet gerade an einer Neuregelung. Bis Ende Juli ist der Familiennachzug bei Flüchtlingen, die nur über den schwächeren subsidiären Schutz verfügen, noch ausgesetzt, danach sollen pro Monat höchstens 1000 Angehörige aufgenommen werden.
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