F.A.Z. exklusiv : Hausärzte stellen Monopol der Apotheker infrage
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Bislang verfügen nur Apotheker über das Recht, Medikamente abgeben zu dürfen. Ärzte dürfen ihren Patienten nur in Ausnahmefällen Arzneimittel mitgeben. Bild: Frank Röth
Bislang dürfen nur Apotheker Medikamente an Patienten abgeben. Doch diese Regelung will der Deutsche Hausärzteverband nun kippen – ohne die Apotheken zu ersetzen, heißt es. Doch die dürften diesen Vorstoß als Angriff auffassen.
Die deutschen Hausärzte fordern vom Gesetzgeber eine Reform des Arzneimittelrechts, damit nicht länger nur Apotheken Medikamente abgeben dürfen. Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sprach sich am Donnerstag dafür aus, dass auch Ärzte das Recht bekommen sollen, verschreibungspflichtige Medikamente an ihre eigenen Patienten abzugeben. Weigeldt sagte FAZ.NET, damit „könnten die Ressourcen besser genutzt werden, gerade auf dem Land“.
Bislang verfügen in der Humanmedizin nur Apotheker über das sogenannte Dispensier-Recht. Ärzte dürfen ihren Patienten zwar bereits jetzt Arzneimittel mitgeben, aber dies lediglich kostenlos und nur, um am selben Tag zum Beispiel einen akuten Schmerz zu lindern. Wer ein Medikament für einen längeren Zeitraum benötigt und dafür ein Rezept erhält, muss eine Apotheke aufsuchen. Die Trennung von Ärzten und Apothekern soll sicherstellen, dass Mediziner nicht finanziell davon profitieren, wenn sie ein Mittel verordnen. Umgekehrt werden in Apotheken bislang keine ärztlichen Leistungen erbracht.
„Wir wollen die Apotheken nicht ersetzen“
Die Frage, welche Arzneimittel in Arztpraxen vorgehalten werden könnten, ließ Weigeldt offen und sprach sich für einen Dialog mit den Apothekern aus. Ein komplettes Sortiment bereitzuhalten, sei jedenfalls nicht das Ziel, sagte er. „Wir können und wollen die Apotheken nicht ersetzen.“ Dass diese den Vorstoß der Mediziner gleichwohl als Angriff auffassen werden, ist Weigeldt offenbar bewusst: „Unser Ziel ist auch in Zukunft ein vernünftiges Miteinander mit den Apothekern.“ Er sei dagegen, die Sache „emotional zu sehen“.
Der Vorstoß der Hausärzte lässt sich als Reaktion auf eine Initiative von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) deuten, auch wenn der Verband einen Zusammenhang bestreitet. Spahn hatte in der vergangenen Woche beim Deutschen Apothekertag in München vorgeschlagen, dass Apotheker in Zukunft Impfungen verabreichen und dafür eine gesonderte Vergütung erhalten könnten. Das Impfen ist bislang allein den Ärzten vorbehalten. Die Hausärzte verwahrten sich daraufhin dagegen, dass Apotheker ärztliche Aufgaben wie das Impfen übernehmen. Diese müssten „ohne Wenn und Aber von einem Arzt durchgeführt werden“, hieß es.
Hintergrund beider Vorschläge ist zum einen der Umstand, dass Ärzte wie Apotheker es immer schwerer haben, in ländlichen Gebieten Nachfolger zu finden. Zum anderen verlangen die Apotheker von Spahn, dass er den Internet-Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln rechtlich unterbindet. Anstatt dies zuzusagen, warb Spahn in München dafür, „den Blick ein bisschen zu weiten“ und unterbreitete den Delegierten daraufhin den Vorschlag, nicht nur die Impfstoffe bereitzustellen, sondern Patienten auch selbst die Nadel zu setzen.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), zeigte sich für beide Vorschläge offen. Man dürfe sich neuen Versorgungsformen nicht verschließen. Zugleich warnte er davor, die Hausärzte mit zusätzlichen Aufgaben zu überfordern. „Ärztliche Versorgung wird von Jahr zu Jahr mehr ein knappes Gut, sodass ich aktuell nicht die Kapazitäten für zusätzliche Aufgaben bei den Ärzten sehe“, sagte Rüddel.