
Hamburg : Lust auf Gewalt
- -Aktualisiert am
Mit North-Face-Jacke (ca. 220 Euro) gegen den Kapitalismus: „Autonome“ im Schanzenviertel Bild: dpa
Immer wieder toben sich in Hamburg Linksradikale aus. Viele Bürger haben das satt. Man fragt sich, wieso der Staat nicht mit ein paar Wohlstandskindern klarkommt, die sich austoben wollen.
Zum Ende des alten Jahres ereignete sich in Hamburg Bemerkenswertes: Die Hamburger solidarisierten sich öffentlich mit ihrer Polizei. Vorausgegangen waren Gewaltaktionen linksextremer Jugendlicher, bei denen mehr als hundert Polizisten verletzt worden waren. Eigentlicher Auslöser war der Überfall vermummter Jugendlicher am 29. Dezember auf die Davidwache in St. Pauli. Dreißig junge Leute griffen im Gewaltrausch drei Polizisten an – der Bogen war überspannt. Die Beamten werden selbst darüber staunen, wie viel Zuspruch sie seitdem erfahren haben.
Freilich schwang darin mehr als eine plötzlich entdeckte Liebe zur Polizei mit: Die Hamburger haben die Krawalle Linksradikaler in ihrer Stadt satt. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat dafür den eigentlich selbstverständlichen Satz gefunden: „Wir wollen Gewalt in dieser Stadt nicht haben.“ Aber so etwas musste einmal laut und deutlich gesagt werden.
Denn tatsächlich ist in den vergangenen Jahren der Eindruck entstanden, linksextreme Gewalt sei eine Art Folklore, vor allem an der berühmt-berüchtigten „Roten Flora“ im Schanzenviertel. Es schien, als sei Gewalt gegen „Bullen-Schweine“ und den „Scheißstaat“ legitim, als sei die Polizei der Schuldige, wenn die Gewalt mal wieder losbrach, als enthalte der Slogan „All cops are bastards“ einen Kern Wahrheit. Es schien, als würde die Stadt rechtsfreie Räume in der „Roten Flora“ zulassen und die Einhaltung von Gesetzen wie das Vermummungsverbot nicht mehr durchsetzen. Ähnliches erleben auch andere größere Städte in Deutschland, wenn sie denn Universitätsstädte sind. Man fragt sich, wieso der Staat nicht mit ein paar Wohlstandskindern klarkommt, die sich austoben wollen. Natürlich gilt auch für diese das Demonstrationsrecht. Aber diesen Leuten geht es nur um Gewalt. Das lehren in Hamburg die sogenannten Schanzenfeste, das lehrt das Geschehn anderswo, zum Beispiel am Vorabend des 1. Mai in Berlin. Die Hamburger Polizei registrierte, dass der „Schwarze Block“ bei der jüngsten Auseinandersetzung schon Steine in der Hand hatte, bevor überhaupt irgendwo Gelegenheit gewesen wäre, an Steine heranzukommen.
Die Gemengelage ist komplizierter
Klar ist also, mit wem man es zu tun hat, die Gemengelage insgesamt ist komplizierter. Zum einen tritt linksextreme Gewalt immer dort auf, wo die sogenannte Gentrifizierung zum Problem wird, die Sanierung von Stadtvierteln, bei der alteingesessene, weniger gut situierte Bewohner verdrängt werden. Zum anderen ist „Solidarität“ etwa mit Lampedusa-Flüchtlingen, in deren Namen die Chaoten auch auftreten, vielen Hamburgern wichtig. Die „Rote Flora“ ist überdies eine Touristenattraktion geworden – und Sinnbild antikapitalistischer Gesinnung. Aber wie dem auch sei, die Chaoten suchen nur Deckung hinter politischen Forderungen, um ihre Lust auf Gewalt auszuleben. Die Politik spielte dabei immer mit, die Medien taten es auch.
Die Bilder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Hafenstraße sind noch heute präsent – und dabei dreißig Jahre alt. Die Polizei ist damals beschimpft und juristisch angegriffen worden. Als sie im Juni 1986 den Kessel auf dem Heiligengeistfeld schloss und Hunderte Demonstranten festsetzte, wurden die Bilder sogar in der DDR gezeigt, um die „Fratze des Kapitalismus“ zu enthüllen. Die Gerichte urteilten später, der Einsatz sei rechtswidrig gewesen. Mit schöner Regelmäßigkeit wird der Polizei nach den sogenannten Schanzenfesten vorgeworfen, sie habe die aggressive Stimmung geschaffen. Selbst 2009, als die Polizei versuchte, sich im Schanzenviertel zurückzuhalten, eskalierte die Gewalt. Sie sollte ja eskalieren!
Jetzt mischen sich in das Lob für die Polizei schon wieder andere Töne, weil die Polizei in der Stadt eine „Gefahrenzone“ eingerichtet hat, um Passanten kontrollieren zu dürfen. Grüne und Linkspartei, die sich schon von den Krawallen nur halbherzig distanziert hatten, halten das für überzogen. Aber in Hamburg regiert die SPD mit absoluter Mehrheit. Das lässt insofern hoffen, weil die Partei und Scholz persönlich mit dem Thema innere Sicherheit leidvolle Erfahrungen gesammelt haben. 2001 verlor die SPD wegen der Verwahrlosung rund um den Hauptbahnhof die Macht. Scholz, kurzzeitig Innensenator, konnte den Untergang damals nicht aufhalten und hat, so gesehen, noch eine Rechnung offen. Es war die Stunde der Schill-Partei, die an der Seite von CDU und FDP ins Rathaus einzog.
So etwas wird der SPD nicht noch einmal passieren. Sie kennt ja die Mittel: Durchsetzungsvermögen und Augenmaß. So konnte der damalige SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi den Konflikt um die Hafenstraße in einem Kompromiss beilegen, der zum städtebaulichen Gewinn für Hamburg wurde. So ähnlich soll es jetzt auch bei der „Roten Flora“ gehen. Die Stadt versucht die Immobilie, die als Kulturzentrum im Bebauungsplan ausgewiesen ist zurückzukaufen. Bevor die „Rote Flora“ im Bürgerschaftswahlkampf 2015 Thema werden könnte, will die SPD das Problem vom Tisch haben. Es wäre für Hamburg ein beispielgebender Erfolg, wenn das gelänge – ohne weiteren Krawall.