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Gymnasiallehrer in Thüringen : Fordern, nicht fördern

Lehrer in Thüringen werden jetzt wieder verbeamtet – aber für Gymnasiallehrer fällt zukünftig eine Beförderungsstufe weg. Bild: dpa

Thüringen geht wieder dazu über, seine Lehrer zu verbeamten. Doch zugleich streicht es eine Karrierestufe – der Philologenverband ist darüber erbost.

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          Wenn der Lehrermangel die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs zu gefährden droht, dann entschließen sich auch ostdeutsche Länder wieder dazu, ihre Lehrer zu verbeamten. Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und auch Thüringen verabschieden sich nach und nach vom Angestelltenstatus der Lehrer. Nach mehr als elf Jahren werden in Thüringen in den kommenden Tagen die ersten 14 Lehrer zu Beamten auf Lebenszeit ernannt. Das Bildungsministerium hat jetzt angekündigt, dass 1300 Pädagogen bis zum Oktober diesen Status erhalten sollen.

          Heike Schmoll
          Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

          Für die Betroffenen endet damit eine Bewährungszeit, in der sie Beamte auf Probe waren. In der Bewährungsphase werden gewöhnlich die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung überprüft. Dazu gehören unter anderem ein Gesundheitscheck und eine Beurteilung durch die jeweilige Dienststelle. Seit 2007 waren im Land grundsätzlich keine Lehrer mehr verbeamtet worden. „Mit der Wiedereinführung der Verbeamtung steigern wir die Attraktivität des Lehrerberufs“, sagte Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke). Die rot-rot-grüne Landesregierung will damit auch dem zunehmenden Lehrermangel entgegenwirken.

          Zugleich aber schwächt Thüringen das gymnasiale Lehramt. Jedenfalls sieht das der Thüringer Philologenverband so. Die Gymnasiallehrer „sind die absoluten Verlierer im Entwurf des neuen Besoldungsgesetzes“, sagt Heike Schimke, die Vorsitzende des Philologenverbands. Denn es fällt eine entscheidende Beförderungsstufe weg. Bisher gab es eine funktionslose Beförderung auf die Stufe A14, diese wird nun gestrichen – ohne Ausgleich. In Anbetracht dessen, dass Thüringen die Grundschullehrer nach A12 bezahlt und die Regelschullehrer nach A13 bezahlen will, mache die Landesregierung die Gymnasiallehrkräfte zu den Verlierern. So viele von ihnen wie in keinem anderen Bundesland würden auf Stufe A13 in den Ruhestand gehen.

          „Hohn und ein Schlag in das Gesicht der Gymnasiallehrkräfte“

          Das Bildungsministerium antwortet auf den Vorwurf, dass die funktionslose Beförderung zuletzt nur noch eine theoretische Option gewesen sei, weil sie von den Verwaltungsgerichten des Landes als rechtlich problematisch gesehen und verstärkt zu Konkurrentenklagen geführt habe, weshalb es seit längerer Zeit keine solchen Beförderungen mehr gegeben habe. Es habe einen Beförderungsstau gegeben, meint das Ministerium. „Mit dem Gesetz soll der Beförderungsstau aufgelöst werden, indem die Beförderungsämter neu definiert werden“, heißt es. Schimke entgegnet, der Beförderungsstau werde nicht aufgelöst, sondern dauerhaft zementiert. Denn alle Lehrer, die nicht zur Schulleitung gehörten oder Oberstufenleiter seien, würden um eine Beförderung gebracht. Dies führe dazu, „dass perspektivisch Engagement sich nicht mehr lohnt, weil Beförderungen ausschließlich bei den drei Funktionsstellen Schulleiter, Stellvertretender Schulleiter und Oberstufenleiter möglich sind“.

          „Da es an jedem Gymnasium nur eine Oberstufe gibt“, will das Bildungsministerium auch nicht mehr davon. „Diese Antwort ist ein Hohn und ein Schlag in das Gesicht der Gymnasiallehrkräfte“, sagt Schimke. In allen anderen Schularten gebe es zumindest zwei Schulleitungsmitglieder. Die Funktionsstelle des Fachleiters am Gymnasium, den es sonst überall gibt, hat Thüringen kurzerhand abgeschafft. Als qualitätssteigernde Maßnahme wird man derlei nicht betrachten können. Auch andere Funktionsämter gibt es in anderen Bundesländern. „Ist Thüringen für die Definition weiterer Funktionsämter zu dumm oder zu unwillig?“, fragt Schimke erzürnt.

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