Wegen drohender Masernwelle : Große Koalition prüft bundesweite Impfpflicht für Kinder
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Viele Kinder sind nicht mehr geimpft: Zuletzt sind in Deutschland wieder gehäuft Masernfälle aufgetreten. Bild: dpa
Eigentlich sollten die Masern hierzulande bis 2020 ausgerottet werden. Wegen einer drohenden Masernwelle will die große Koalition nun offenbar Eltern zum Handeln zwingen. Auch die FDP unterstützt das Vorhaben. Nicht-Impfen sei „verantwortungslos“.
Angesichts einer drohenden Masernwelle in mehreren Regionen Deutschlands prüft die große Koalition eine bundesweite Impfpflicht für Kinder gegen die Virusinfektion. Er sei mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Gespräch darüber und „zuversichtlich, dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Lauterbach betonte, seine Partei trete innerhalb der Koalition für eine Impfpflicht für Kinder ein, die sich auf Masern begrenzen solle.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur, man sei besorgt über die steigende Zahl der Maserninfektionen in Deutschland, die zu viele Menschen „auf die leichte Schulter“ nähmen. „Eine Debatte über mögliche Maßnahmen ist nur zu begrüßen“, sagte er.
Druck in dieser Richtung kommt auch von den Liberalen. „Die FDP spricht sich für eine gesetzliche Impfpflicht für Kinder bis 14 Jahre aus“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, dem RND. „Seine Kinder nicht impfen zu lassen, ist verantwortungslos gegenüber dem Wohl des eigenen Kindes und auch gegenüber Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst geimpft werden können.“
„Impfzurückhaltung ist problematisch“
Bundesgesundheitsminister Spahn müsse die Menschen darüber offensiv aufklären und den Zugang zu Impfungen erleichtern, forderte der FDP-Fraktionsvize. So könnten Impfungen auch in Schulen und Kitas angeboten werden, damit diese nicht so oft vergessen werden. „Impfzurückhaltung ist problematisch“, sagte Theurer, deshalb sei als Ultima Ratio eine Impfpflicht nötig.
Spahn hatte sich zu seiner Zeit als Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder stark gemacht. Anlass für die abermalige Debatte ist eine verstärkte Häufung von Masern-Fällen unter anderem im niedersächsischen Hildesheim.
Angesichts dieses Ausbruchs hatte sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) zuletzt abermals für eine Impflicht gegen Masern ausgesprochen. Masernerkrankungen seien extrem ansteckend und potentiell tödlich. Je besser die Durchimpfungsrate sei, desto sicherer sei das Leben gerade für die Kleinsten, erklärte die Fachgesellschaft.
Neben der akuten Erkrankung kann es als Spätfolge zur sogenannten SSPE kommen, einer meist tödlichen Entzündung des Gehirns. Besonders gefährdet sind Kinder im ersten Lebensjahr, die noch zu jung für eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung sind.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Impfgegner zu den zehn größten Bedrohungen für die Weltgesundheit. Masern zum Beispiel hätten auch wegen der Impfgegner weltweit um zuletzt 30 Prozent zugenommen. In Deutschland gab es 2017 rund 1.000 Masernfälle. Ein Mensch starb, rund 40 Prozent der Erkrankten mussten stationär behandelt werden. Eigentlich sollten die Masern hierzulande bis 2020 ausgerottet werden.