Umstrittene Räumung : Greta Thunberg spricht in Lützerath von „Polizeigewalt“
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Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (l) und Greta Thunberg am Freitag in Lützerath. Bild: dpa
Die Räumung des Weilers an der Garzweiler-Tagebaukante ging schneller als gedacht voran. Für Samstag hat Fridays for Future zu einer Großkundgebung aufgerufen.
Die Polizei wollte am Freitag die Räumung des Weilers Lützerath an der Abbruchkante des Tagebaus Garzweiler II weitgehend abschließen. Am Vortag hatten noch einmal mehr als 300 Aktivisten den seit Räumungsbeginn am Mittwoch mit einem doppelten Zaun umgebenen Weiler verlassen und der Tagebaubetreiber RWE hatte das Protestcamp aus Hütten und Baumhäusern weitgehend abgerissen. So harrten zuletzt nur noch wenige Dutzend Besetzer in Lützerath aus.
Besondere Schwierigkeiten bereiteten zwei Aktivisten, die sich in einem selbstgegrabenen Tunnel unter Lützerath verschanzt hatten. Wegen akuter Einsturzgefahr wurde der Eingang zum Tunnel weiträumig abgesperrt. Die Einsatzkräfte versorgten die Besetzer mit Sauerstoff und versuchten sie im Gespräch zur Aufgabe zu bewegen. Zuvor hatten sich zwei vermummte Männer, die sich „Pinky“ und „Brain“ nannten, per Youtube-Botschaft aus dem Tunnel gemeldet, ihre Rettung durch Bergungsspezialisten gefordert und ihre Aktion als notwendig zur Überwindung des Kapitalismus dargestellt.
Habeck: Lützerath markiert Schlussstrich
Die Lützerath-Räumung hat einen schon länger schwelenden Konflikt bei den Grünen angefacht. Seit Monaten macht die Jugendorganisation gegen die von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgehandelte Vereinbarung mit RWE mobil. Am Freitagvormittag hatten bereits mehr als 2000 Parteimitglieder einen offenen Brief mit dem Titel „Grüne Grundwerte nicht verraten: Lützerath muss bleiben“ unterzeichnet, in dem Neubaur und Habeck aufgefordert werden, die Räumung sofort zu stoppen.
In der Zeitschrift „Spiegel“ wies Habeck abermals darauf hin, dass Lützerath eben nicht ein Symbol für ein Weiter-so beim Tagebau im Rheinischen Revier sei, sondern einen „Schlussstrich“ markiere. Man ziehe dort den Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vor, was immer auch das Ziel der Klimabewegung gewesen sei. Tatsächlich sieht die – mit großer Bundestagsmehrheit parlamentarisch abgesicherte – Vereinbarung eine erhebliche Verkleinerung des Tagebaus vor.
Unterdessen machte die Führung des nordrhein-westfälischen Landesverbands für die Besetzung ihrer Düsseldorfer Parteizentrale unter anderem eine linke Gruppierung verantwortlich, die vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft und beobachtet wird. Aktivisten der „Interventionistischen Linken“ (IL) hätten bei der bis in die Nacht dauernden Besetzung Parteimitarbeiter bedrängt. Gesprächsangebote seien abgelehnt worden. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes beeinflusst die IL auch das Aktionsbündnis „Ende Gelände“, in dem bis 2020 die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger als Sprecherin aktiv war.
Für Samstag hat Fridays for Future in Sichtweite von Lützerath zu einer Großkundgebung aufgerufen, an der auch Gründerin Greta Thunberg aus Schweden teilnehmen will. Die Demonstration kann nach einer Gerichtsentscheidung mit Einschränkungen stattfinden. Das hat das Aachener Verwaltungsgericht entschieden und am Freitag mitgeteilt.
„Es ist empörend, wie die Polizeigewalt ist“, sagte Thunberg, 20 Jahre alt, am Freitag in Lützerath. Was in Lützerath geschehe, sei „schockierend“, sagte Thunberg. Leider geschähen ähnliche Dinge überall auf der Welt. „Es ist entsetzlich zu sehen, was hier passiert.“ Viele Menschen hätten seit Jahren versucht, dies zu verhindern.