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Baerbocks Klima-Koordinatorin : Eine Frau mit besten Verbindungen

Omnipräsent: Jennifer Morgan, Chefin von Greenpeace International, im vergangenen November auf der Klimakonferenz in Glasgow Bild: Reuters

Eine der profiliertesten Aktivistinnen soll künftig für Deutschland die internationale Klimapolitik koordinieren. Wer ist die neue Sondergesandte Jennifer Morgan – und was muss sie erreichen?

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          Jennifer Morgan, die neue Sonderbeauftragte der Bundesregierung für internationale Klimapolitik, die heute vorgestellt werden soll, ist im amerikanischen Bundesstaat New Jersey geboren und aufgewachsen. Aber es war ein Buch der deutschen Grünen-Mitbegründerin Petra Kelly, das sie für den Umweltschutz begeisterte. Die englische Fassung des 1983 erschienen Buchs „Um Hoffnung kämpfen!“ las Morgan, wie sie später in einem Interview sagte, in einem Rutsch durch und war schockiert von der angeprangerten Umweltzerstörung. Nach ihrem Studium der internationalen Beziehungen und Germanistik in Bloomington und Washington begann sie in den neunziger Jahren ihre Karriere beim Climate Action Network in Washington. Morgan besuchte seit der ersten Klimakonferenz 1995 in Berlin jedes der jährlichen Treffen. Seit diesen ersten Tagen, als das öffentliche Interesse noch gering und die Nähe zwischen Politik und Umweltorganisationen größer war, hat sie ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut.

          Timo Steppat
          Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

          In Glasgow, bei der 26. Konferenz im vergangenen November, war Morgan, die seit 2016 Chefin von Greenpeace International ist, omnipräsent. Sie gab Fernsehinterviews, saß in Hintergrundgesprächen und diskutierte auf Podien. Als Kopf der weltweit wohl bekanntesten Umweltorganisation verstand sich Morgan als Lautsprecherin für den Klimaschutz, verteilte Lob und tadelte Blockierer bei den Verhandlungen. Zugleich gilt sie unter Journalisten und Politikern als geschätzte Gesprächspartnerin, weil sie sich mit den Feinheiten der komplexen UN-Verhandlungen auskennt und gut informiert ist.

          Bindeglied zwischen jungen und „alten“ Klimaaktivisten

          Morgan ist damit auch ein Bindeglied zwischen den jungen Klimaaktivisten, die vor allem ihre radikale Ablehnung des zähen Prozesses äußern, und jenen Politikern, die nächtelang um Kompromisse ringen, um nach dem UN-Prinzip der Einstimmigkeit neue Regeln in der Rahmenkonvention zu verankern. Nach Glasgow sagte Morgan, die Ergebnisse seien zu wenig, zu schwach, hielten aber das 1,5-Grad-Ziel am Leben. Dass neben einem Ende der Kohleverstromung auch das Regelwerk des Paris-Abkommens beschlossen werden konnte, ist aus Sicht Morgans den jungen Klimaaktivisten aus der ganzen Welt zu verdanken. „Ohne sie wären diese Klimagespräche völlig gefloppt“, sagte Morgan.

          Nun wechselt die 1966 geborene Morgan, die gut Deutsch spricht und seit einigen Jahren in Berlin lebt, die Seiten. Sie soll für die Bundesregierung die Klimakonferenzen als Sonderbeauftragte mit dem Rang einer beamteten Staatssekretärin vorbereiten. Mit dem Regierungswechsel ist diese Aufgabe vom Umweltministerium zum Auswärtigen Amt übergegangen. Ein positives Signal, sind sich Beobachter einig: Den Erfolg des Klimaabkommens von Paris 2015 erzielte der französische Außenminister Laurant Fabius mit den Mitteln der Diplomatie.

          Vor wichtiger Klima-Konferenz in Ägypten

          Mit Morgan holt sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Expertise und eine Frau mit besten Verbindungen ins Haus; den Klimabeauftragten der Vereinigten Staaten, John Kerry, kennt sie gut, ebenso den Chefverhandler der EU, Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Doch seit dem Abgang von Donald Trump als US-Präsident musste man sich um jene Allianz der Willigen zumindest im Hinblick auf schärfere Klimaziele wenig sorgen.

          An zwei Herausforderungen müssen jene ambitionierten Staaten und damit auch die Sonderbeauftragte Morgan in den kommenden Monaten bis zur Konferenz im November in Sharm el Sheikh arbeiten: Einerseits muss der ägyptischen Regierung, die den Vorsitz hat, eine gute Vorbereitung und zielgerichtete Führung der Verhandlungen gelingen – für den Erfolg ist das entscheidend. Andererseits müssen Schwellenländer wie China und Indien am besten bereits mit schärferen Klimazielen ans Rote Meer reisen, um ein Signal auszusenden.

          Erstmal aber ist die Berufung Morgans ein kleiner Coup der grünen Ministerin Baerbock im eigenen Land. Das Signal: Der Ampel-Koalition ist der weltweite Klimaschutz so wichtig, dass sie eine der profiliertesten Aktivistinnen in ihren Dienst stellt. Was Morgan daraus macht, wird sie in den nächsten Monaten zeigen müssen.

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