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Gewalt im öffentlichen Raum : Die Quittung für das Wegschauen

Einsatzkräfte nach einer Gewalttat in Schorndorf im Dezember 2022 Bild: dpa

Mehr Körperverletzungen, mehr Vergewaltigungen, mehr Raubdelikte: Die Entwicklung der Straftaten in Deutschland ist erschreckend. Überraschend aber ist sie nicht.

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          Die Zahl der Straftaten in Deutschland ist erschreckend. Der öffentliche Raum hat im vergangenen Jahr erheblich an Sicherheit verloren. Raubdelikte nahmen im Vergleich zu 2021 um 26,8 Prozent zu, Vergewaltigungen, sexuelle Nötigungen und sexuelle Übergriffe in besonders schweren Fall um 20,1 Prozent und gefährliche und schwere Körperverletzung um 18,2 Prozent.

          Was das bedeutet? Fast 12.000 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen, mehr als 38.000 Raube und mehr als 144.000 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung. Dazu zählen auch 8160 Messerangriffe, die es laut Polizeilicher Kriminalstatistik im vergangenen Jahr gab. Da kann man nachvollziehen, dass die Gewerkschaft der Polizei von einer Messerkultur spricht, die hierzulande entsteht.

          Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat diesen Anstieg der Straftaten als nicht überraschend bezeichnet: Die Corona-Beschränkungen sind weg. Ein normaler Alltag, in dem die Menschen frei unterwegs sind, bringe auch wieder mehr Gelegenheiten für Kriminelle mit sich, so Faeser.

          Das Versagen in den vergangenen Jahren

          Das stimmt sicherlich. Wenn niemand auf der Straße unterwegs ist, lässt sich dort auch niemand ausrauben, niederstechen oder vergewaltigen. Und doch ist die Erklärung ein Armutszeugnis. Denn letztendlich bedeutet sie: Sicherer seid ihr, wenn ihr zu Hause bleibt. So viel zu einem normalen Alltag, in dem die Menschen frei und ohne Ängste unterwegs sein können.

          Zudem zeugt die Erklärung vom Versagen in den vergangenen Jahren. Wenn die Entwicklung so vorhersehbar war, warum ließ sie sich dann nicht verhindern? Faeser sagt nun, es brauche mehr Sicherheitskräfte in öffentlichen Verkehrsmitteln und an kriminalitätsbelasteten Orten. Darauf hätte man früher kommen können.

          Stattdessen aber entstanden in Deutschland rechtsfreie Räume, und Debatten über Messerstecher oder über die Herkunft der Täter wurden weitestgehend der AfD überlassen. Die Zahl der Straftaten ist nun die Quittung für dieses Wegschauen.

          Philip Eppelsheim
          Stellvertretender verantwortlicher Redakteur für Nachrichten und Politik Online.

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