„Fridays for Future“ : Glaube an die eigene Macht
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„Fridays for Future“-Demonstration vom vergangenen Freitag in Berlin Bild: dpa
Eine Studie zeigt, wie die Demonstranten der „Fridays for Future“-Proteste ticken. Was ihre Motive sind, welchen sozialen Hintergrund sie haben – und für welche Parteien sie stimmen würden.
Wer für eine Demonstration auf die Straße geht, wägt meist genau ab. Was verändert meine Teilnahme? Je höher die Chance ist, dass Proteste zu Aufmerksamkeit und dadurch zu Veränderungen führen, desto mehr Menschen nehmen daran teil. Das ist die Annahme der Protestforschung. Seit die Aktivistin Greta Thunberg vor einem Jahr das erste Mal in Schweden zum Schulstreik aufgerufen hat, ist eine einmalige Dynamik entstanden. In Deutschland haben seit Dezember jede Woche zunächst Tausende, später Zehntausende demonstriert. Im März, als die Bewegung noch vor ihrem Höhepunkt stand, haben Forscher des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung im Rahmen einer internationalen Studie Befragungen in Bremen und Berlin durchgeführt. Die Ergebnisse, die nun vollständig vorliegen, zeigen, wie sehr die Jugendlichen von ihrer Wirkmächtigkeit überzeugt sind. 55 Prozent der Schüler glauben, dass sie mit ihrem Engagement die Politik beeinflussen können. Unter den erwachsenen Teilnehmern ist der Anteil geringer, nämlich 47,3 Prozent. Drei Viertel der Teilnehmer sind allgemein davon überzeugt, dass Bürger, die sich zusammenschließen, viel Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können.
Von den befragten 355 Demonstranten, die durch Zufallsstichproben ermittelt wurden, waren 51,5 Prozent zwischen 14 und 19 Jahre alt, 19 Prozent zwischen 20 und 25 Jahre alt. Die Teilnehmer sind also mehrheitlich Jugendliche, Kinder gibt es deutlich weniger. Rund 14 Prozent der Demonstranten waren über 36 Jahre alt. Laut Selbsteinschätzung stammen die Teilnehmer aus der Mittelschicht. 43,6 aus der oberen, etwa ein Viertel aus der unteren Mittelschicht. Nur 4,3 Prozent zählen sich zur Arbeiterklasse, 1,8 Prozent zur Oberschicht. Sie stammen aus gebildeten Elternhäusern. Der Anteil der Väter und Mütter, die einen Hochschulabschluss haben, ist etwa doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Unter den Schülern hat etwa jeder zweite Vater studiert.
Demonstranten mehrheitlich links
Auch die Teilnehmer selbst streben eine solche Bildungskarriere an. Gut 55 Prozent haben das Abitur gemacht oder stehen davor, es zu erreichen. Der Anteil derjenigen mit Hauptschul- oder Realschulabschluss ist mit 0,9 Prozent und 4,5 Prozent verschwindend gering. Allgemein demonstrieren in Deutschland eher besser gebildete Angehörige der Mittelschicht. Interessant ist, dass die „Fridays for Future“-Proteste besonders viele junge Frauen anziehen. Der Anteil der befragten Frauen lag in Bremen und Berlin zusammengenommen bei 59,6 Prozent. Dabei könnten Greta Thunberg, aber auch der Kopf der deutschen Bewegung, Luisa Neubauer, eine Vorbildfunktion eingenommen haben.
Für viele ist es das erste Mal gewesen, dass sie auf eine Demonstration gegangen sind. Etwa ein Viertel gab das an. Dabei zeigt sich auch, dass es vor allem persönliche Kontakte waren, die die Schüler auf die Straße brachten. Informationen kamen von Freunden und Bekannten. Soziale Medien und traditionelle Medien als Informationsgeber spielten zwar auch eine Rolle, haben aber einen geringeren Stellenwert. Und so kommen die Jugendlichen sehr selten alleine (zwei Prozent), sondern fast immer in Freundeskreisen oder Schulklassen.
Was die politische Positionierung betrifft, begreifen sich die Demonstranten mehrheitlich als links. Unter den Protestneulingen gibt es eine geringe Parteipräferenz. Insgesamt sind fast zwei Drittel in Organisationen oder Parteien organisiert, zu einem geringen Anteil aber nur als aktive Mitglieder. Am stärksten schneiden die Grünen ab, unter Schülern mit 31 Prozent, unter Erwachsenen mit 41 Prozent.
Das Vertrauen in die demokratischen Institutionen ist zwar geringer als in der Gesamtbevölkerung, aber viel höher als bei vergleichbaren Protesten der vergangenen Jahre. Die Demonstranten haben nicht resigniert. 64,5 Prozent sind „überwiegend“, beziehungsweise „voll und ganz“ überzeugt, dass politische Entscheidungen den Klimawandel eindämmen können.