Um in Deutschland zu bleiben : Immer mehr Flüchtlinge zeigen sich selbst wegen Terrors an
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Flüchtlinge im August 2013 im Grenzdurchgangslager Friedland (Niedersachsen) Bild: dpa
Seit Beginn der Flüchtlingskrise müssen Juristen ohnehin zahlreiche Verfahren bewältigen. Jetzt kommt ein neues Phänomen hinzu: Asylbewerber bezichtigen sich der Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe – um in Deutschland bleiben zu können.
Immer mehr Asylbewerber im Südwesten zeigen sich wegen einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung an. Die Staatsanwaltschaften in Stuttgart und Karlsruhe registrierten im ersten Quartal des Jahres 159 solcher Fälle – im gesamten vergangenen Jahr waren es 300, wie „Stuttgarter Nachrichten“ und „Schwäbische Zeitung“ berichteten. „Wir treiben in diesen Verfahren einen großen Aufwand“, sagte Stuttgarts Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen am Montag auch der Deutschen Presseagentur. „Alle diese Verfahren bieten unabhängig von ihrem Ergebnis zugleich die Chance, abzuklären, ob von der Person des Beschuldigten eine Gefahr hier in Deutschland ausgeht.“
Bereits im Vorjahr hatten die Behörden von immer mehr solcher Selbstanzeigen gesprochen. Mit der Selbstbezichtigung einer Zwangsmitgliedschaft in einer islamistischen Vereinigung wollten viele Asylbewerber der Abschiebung entgehen, hatte Brauneisen damals erklärt. Dabei spekulierten sie auf den sogenannten subsidiären Schutz.
Gemäß dem Asylgesetz genießt ein Ausländer immer dann subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland, ein ernsthafter Schaden droht. Dazu zählen Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. „Ich habe keinerlei Verständnis, wenn sich jemand einer schweren Straftat bezichtigt, nur weil er sich Vorteile im Asylverfahren erhofft“, sagte Justizminister Guido Wolf (CDU) den Blättern. „Diese Verfahren bringen einen enormen Aufwand für die Justiz mit sich.“
Den Zeitungen zufolge machen Selbstbezichtigungen inzwischen rund die Hälfte aller neuen Terrorverdachtsfälle im Land aus. „Die Ermittlungen erweisen sich regelmäßig als sehr aufwendig, weil es sich fast immer um behauptete Auslandstaten – beispielsweise in Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Somalia – handelt“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.