F.A.Z. exklusiv : Verschwieg Wendt Disziplinarstrafe?
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Nebentätigkeit nicht angemeldet: der frühere Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt Bild: dpa
Wegen einer Disziplinarstrafe hätte Polizeigewerkschafter Rainer Wendt gar nicht Staatssekretär werden dürfen. Das soll er gegenüber Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht aber nicht erwähnt haben.
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat gegenüber Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) angeblich verschwiegen, dass seine geplante Ernennung zu dessen verbeamtetem Staatssekretär schon aus dienstrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre. Wie mehrere mit dem Vorgang eng betraute Quellen der F.A.Z. berichteten, soll Wendt in den Verhandlungen unterschlagen haben, dass er wegen dienstrechtlicher Verstöße erst kürzlich eine Disziplinarstrafe erhalten hat. Das Land Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem pensionierten Polizisten für mehrere Monate die Bezüge zu kürzen, weil er eine Nebentätigkeit nicht angemeldet hatte.
Laut Disziplinargesetz des Landes Sachsen-Anhalt ist eine Ernennung zum beamteten Staatssekretär unter diesen Umständen unzulässig. Dort heißt es „Solange seine Dienstbezüge gekürzt werden, darf der Beamte nicht befördert werden.“ Ein Regierungsvertreter in Magdeburg erklärte, der Fall sei rechtlich eindeutig, Auslegungsspielräume gebe es nicht. „Wendt hätte das von sich aus offenbaren müssen.“ Wendt selbst schweigt zu den Vorwürfen. Eine Anfrage dieser Zeitung, ob er Vertreter des Landes Sachsen-Anhalts auf seine Disziplinarstrafe hingewiesen habe, wollte er am Mittwoch nicht beantworten. Wie es aus Regierungskreisen übereinstimmend heißt, wurde die Information über die Disziplinarstrafe am Wochenende aus Nordrhein-Westfalen an die Landesregierung herangetragen. Wendt selbst soll Stahlknecht zuvor erklärt haben, die disziplinarischen Verfahren seien erledigt.
Am Freitag hatten Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht mitgeteilt, dass man mit Wendt „einen der fachkundigsten und bekanntesten Vertreter der Interessen unserer Polizei“ als Staatssekretär bekomme. Diese Mitteilung wird inzwischen innerhalb der Regierung und in der CDU einhellig als vorschnell und als Fehler bewertet. Nach Informationen der F.A.Z. hat die Landesregierung zuvor auch auf die Durchführung wichtiger Prüfungen verzichtet. So ist es Routine, beim bisherigen Dienstherrn die Akten des Bewerbers anzufordern und anschließend auszuwerten.
Der gescheiterte Wechsel Wendts führt in der Landes-CDU zu Aufruhr. Für Freitag wurden Sondersitzungen der Fraktion und der erweiterten Parteiführung anberaumt, in denen sich insbesondere Stahlknecht erklärten soll. Die Unruhe wird auch durch die Behauptung Wendts befeuert, dass seine Ernennung durch das Kanzleramts verhindert worden sei. Aus der Landesregierung heißt es dazu, weder die Staatskanzlei noch Stahlknecht hätten wegen Wendt mit dem Kanzleramt gesprochen. Allerdings war es am Wochenende in Berlin durchaus zu Unruhe gekommen. Diese hing nach F.A.Z.-Informationen allerdings weniger mit Wendt zusammen, sondern mit dem Wechsel von Stahlknechts bisheriger Staatssekretärin Tamara Zieschang ins Bundesverkehrsministerium. Sie soll dort den Bereich Digitalisierung verantworten, für diesen Posten gab es aber noch mindestens einen weiteren Interessenten.