
Evangelische Kirche : Mission
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Die eigentliche Schlacht der Kirche wird nicht auf dem Feld der Ökumene geschlagen werden, sondern im Ringen um religiöse Substanz. Eine Reformierung muss sich zunächst nach innen richten.
Weil die Verbreitung der reformatorischen Sache von Magdeburg aus mit besonderem Eifer betrieben wurde, galt die Stadt als „Unseres Herrgotts Kanzlei“ - bis im Jahr 1631 Tilly vorbeikam und Magdeburg mit den Truppen der Katholischen Liga dem Erdboden gleichmachte. So sollte es der Stadt, in der die EKD ihre diesjährige Synode abhält, noch mehrfach ergehen. Heute sind in Magdeburg mehr als fünf von sechs Bürgern konfessionslos. Bei Tilly wird man die Schuld dafür nicht finden. Wer nach Ursachen sucht, der wird eher auf zwei Diktaturen binnen sechzig Jahren stoßen - und auf die Schwächen der Kirchen.
Magdeburg könnte der evangelischen Kirche daher den Blick für die Proportionen der verschiedenen Aufgaben schärfen, vor denen sie steht. Die eigentliche Schlacht wird nicht auf dem Feld der Ökumene geschlagen werden, sondern im Ringen um religiöse Substanz. Und es war auch nicht Feldherr Tilly, sondern Papst Benedikt, der jüngst in Erfurt zu Besuch war. Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider trifft daher den Nerv der Sache, wenn er Enttäuschung über den Papstbesuch nicht verhehlt, aber auch die bleibende eigene Verpflichtung zur Ökumene herausstellt.
Protestantismus kein defizitärer Katholizismus
Viel wichtiger für die Zukunft der evangelischen Kirche ist indes, dass sie sich nicht wie eine Bundesmoralanstalt verhält, sondern das Evangelium in Klarheit und Reinheit verkündet. So kann es eine Antwort auf die religiösen Fragen auch mancher Nicht-, Noch-nicht- und Nicht-mehr-Christen sein. Erforderlich dafür ist, dass bei allem, was man sagt und tut, der Bezug zur reformatorischen Auffassung des Evangeliums deutlich wird. In diesem Punkt laufen die großen Themen Mission, Ökumene und Reform zusammen.
Die Profilierung, die Schneiders Vorgänger Huber gefordert hatte, sollte sich deshalb zunächst nach innen und nicht nach außen richten. Die Selbstsäkularisierung muss überwunden werden; alten und neuen Verwässerungen der religiösen Grundlagen sollte entschieden entgegengetreten werden. Wenn das gelingt, kann die evangelische Kirche auch missionarisch erfolgreich sein. Allein aufgrund der Demographie wird sie weniger Mitglieder zählen. Aber sie könnte diejenigen überzeugen, die religiös ansprechbar sind. Gegenüber der katholischen Kirche könnte sie dann glaubwürdig vertreten, dass der Protestantismus kein defizitärer Katholizismus ist. Nach dem Papstbesuch leuchtet das sogar den Protestanten selbst ein.