Europäische Sicherheitspolitik : CDU-Politiker fordern Flexibilität für Bundeswehreinsätze
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Die beiden Abgeordneten schreiben, der Libyen-Einsatz der Nato habe die Schwäche der beteiligten europäischen Staaten offengelegt. Im Bild wird ein italienisches von einem britischen Flugzeug betankt Bild: REUTERS
Die Bundestagsabgeordneten Andreas Schockenhoff und Roderich Kiesewetter beklagen einen Mangel an sicherheitspolitischer Handlungsfähigkeit Europas. Sie fordern eine „Vertiefung der militärischen Integration“.
In ungewöhnlicher Deutlichkeit haben führende Außen- und Sicherheitspolitiker der Union den Mangel an sicherheitspolitischer Handlungsfähigkeit Europas beklagt und sich für weitreichende „Schritte in Richtung einer Vertiefung der militärischen Integration“ ausgesprochen. In einem Papier mit dem Titel „Europas sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit stärken - es ist höchste Zeit“ schreiben die Bundestagsabgeordneten Andreas Schockenhoff und Roderich Kiesewetter: „Will man die politische und militärische Handlungsfähigkeit Europas glaubwürdig und wirksam verbessern, kommt man an einer engeren sicherheitspolitischen Zusammenarbeit einschließlich der Vertiefung der militärischen Integration nicht vorbei.“ Das schließe die Bereitschaft zur Aufgabe von Souveränität über den Einsatz militärischer Mittel ein.
Nach Auffassung Schockenhoffs und Kiesewetters kommen dabei insbesondere auf Deutschland gravierende Veränderungen zu, zumal die deutsche Sicherheitspolitik spätestens seit dem Libyen-Konflikt ein Glaubwürdigkeitsproblem habe. Würden militärische Fähigkeiten einzelner europäischer Staaten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in dem notwendigen Maße zusammengelegt und unter geteilte Führung gestellt, dann werde es nicht mehr möglich sein, nationale Vorbehalte als Einzelmeinung durchzusetzen. „Deutsche Soldaten könnten dann in einen EU-Einsatz gehen, den die deutsche Regierung und der Deutsche Bundestag allein aus eigener Initiative nicht beschlossen hätten.“
Ökonomisch stark, militärisch schwach
Dieser Souveränitätsverzicht treffe besonders den Bundestag mit seiner im europäischen Vergleich starken Mitspracherolle; er sollte sich in einer Reform des Parlamentsvorbehalts bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr niederschlagen. Diese Reform müsste nach den Vorstellungen der beiden Abgeordneten das deutsche Entscheidungssystem flexibilisieren sowie zu einem „Einsatzrecht“ der Regierung und zu einem „Rückholrecht“ des Bundestages führen.
„Der Bundestag muss weiterhin das letzte Wort in Form eines Rückholvorbehalts behalten.“ Die Überlegungen Schockenhoffs und Kiesewetters sind vor dem Hintergrund der immer engeren finanzpolitischen Spielräume der europäischen Staaten und der strategischen Hinwendung der Vereinigten Staaten zum asiatisch-pazifischen Raum zu sehen. Sie äußern die Überzeugung, dass die Europäer nur durch enge Zusammenarbeit sicherheitspolitisch handlungsfähig werden könnten.
Die beiden Abgeordneten bilanzieren, dass es der EU bis heute nicht gelungen sei, eine dem ökonomischen Gewicht Europas entsprechende sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit herzustellen. Der Libyen-Einsatz der Nato habe die Schwäche der beteiligten europäischen Staaten offengelegt, die nur von den Vereinigten Staaten habe ausgeglichen werden können. Europa müsse wieder ein relevanter Partner für Amerika werden. Europa müsse auch im 21. Jahrhundert in der Lage sein, unter völkerrechtlicher Legitimierung militärische Macht zur Wahrung und Durchsetzung seiner Interessen und Werte einzusetzen.
Schockenhoff, der stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, und Kiesewetter, Obmann der Fraktion für Abrüstung und Rüstungskontrolle, verlangen eine von Scheuklappen freie Diskussion darüber, wie Europas Handlungsfähigkeit zu stärken sei. Mit Blick auf die französisch-britische Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik schreiben sie: „Eine wirklich handlungsfähige europäische Sicherheitspolitik ist weder ohne Großbritannien noch ohne Frankreich denkbar.“ Deutschland wiederum müsse sich intensiver, breiter und strategischer mit Sicherheitspolitik befassen, „wenn es seinem weltpolitischen Gewicht und seinen Interessen gerecht werden und verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will“.