Niqab-Verbot an Grundschule : Zu viel Schleier
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Kleider machen Leute Bild: Picture-Alliance
An einer Essener Grundschule wollte eine Mutter ihr Kind im Vollschleier abholen. Besonders die muslimischen Eltern empörten sich. Nun darf die Frau das Schulgelände nicht mehr im Niqab betreten.
Die Vielfalt der modernen Einwanderungsgesellschaft ist den Lehrerinnen und Lehrern der Bodelschwingh-Grundschule im Essener Stadtteil Altendorf aus eigener Anschauung bestens vertraut. Fast alle ihre 245 Schüler haben einen Migrationshintergrund; Integration ist hier eine Daueraufgabe. Nun stellte sich den Pädagogen die bisher größte Herausforderung. Nach den Sommerferien wurde ein Junge eingeschult, dessen Mutter einen Vollschleier (Niqab) trägt. Das habe umgehend heftige Reaktionen hervorgerufen, heißt es an der Schule. Unter den Schülern seien auch traumatisierte Flüchtlingskinder. Sie verbänden verschleierte oder maskierte Personen mit schrecklichen Kriegserinnerungen.
Empört und verstört hätten auch einige Eltern reagiert. Muslimische Mütter, die lediglich ein Kopftuch tragen, hätten damit gedroht, ihre Kinder wegen der Frau im Vollschleier von der Schule zu nehmen. Also lud die Rektorin der Bodelschwingh-Schule die Niqab-Trägerin, ihren Mann, Mitglieder der Schulkonferenz und die Klassenlehrerin zu einem runden Tisch. Doch die Frau bestand darauf, dass zu ihrem Recht auf freie Religionsausübung auch das Recht gehöre, ihr Kind nach dem Unterricht wie bisher im Niqab abzuholen. Die Rektorin verbot ihr schließlich, das Schulgelände mit Vollschleier zu betreten.
Die Bezirksregierung Düsseldorf scheint die Entscheidung zu billigen. Jedenfalls teilte eine Sprecherin mit, der Fall sei der übergeordneten Behörde „bekannt“. „Leitlinien in Form einer Handreichung bezüglich des Umgangs mit verschleierten Personen an den Schulen“ gebe es nicht, die Schulen würden aber jeweils einzelfallbezogen beraten. Das im nordrhein-westfälischen Schulgesetz verankerte Gebot, wonach in Schulen keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgegeben werden dürfen, beziehe sich nur auf Lehrkräfte.
Schüler hätten dagegen das Recht, sich nach religiösen Vorschriften zu kleiden. Sollte aber ein vollverschleiertes Mädchen zum Unterricht erscheinen, könnten die Lehrer einschreiten. Schließlich werde durch die Gesichtsverhüllung „eine unerlässlich offene Kommunikation, die den Unterricht und den Erziehungsprozess in der Schule bestimmt, unterbunden“, und das laufe dann dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zuwider.