Kommunalwahlen in NRW : Die rote Herzkammer wird nicht schwarz
- -Aktualisiert am
Ein Wahlhelfer hängt zwei Plakate von Thomas Westphal auf, dem Oberbürgermeisterkandidaten der SPD für Dortmund. Bild: dpa
Nach den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen stellen die Grünen erstmals in drei Großstädten des Landes den Bürgermeister. Aber einen großen Schönheitsfehler hat ihre Wahlbilanz.
Das Wort „historisch“ verwenden Mona Neubaur und Felix Banaszak, die beiden Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen, dieser Tage gerne. Tatsächlich steht seit Sonntag endgültig fest: Die Grünen sind die großen Gewinner der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, sie befinden sich nun vielerorts auf Augenhöhe mit CDU und SPD und mischen im Ringen um Führungsämter erfolgreich mit oder geben den Ausschlag, wer sich durchsetzt. Hatten die Grünen am 13. September ihre Ratsergebnisse im Landesschnitt um acht Punkte auf 20 Prozent verbessert, ist es ihnen am Stichwahlsonntag gelungen, erstmals Oberbürgermeisterposten zu erringen.
Während es in anderen Bundesländern schon seit vielen Jahren grüne Verwaltungschefs an der Spitze von Großstädten gibt, konnten die Grünen ausgerechnet in ihrem größten Landesverband bisher nur zwei Bürgermeister in kleineren Kommunen vorweisen. Am Sonntag gewannen nun gleich drei grüne Oberbürgermeisterkandidaten: Die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner setzte sich in Bonn durch, der Wirtschaftswissenschaftler Uwe Schneidewind in Wuppertal und – mit triumphalen 67 Prozent – die Diplom-Pädagogin Sibylle Keupen in Aachen, der Heimatstadt von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).
„Es gibt keine Rot-Grünen oder Schwarz-Grünen“
Durch die Kommunalwahlen sei deutlich geworden, dass die Grünen „nicht das Anhängsel einer anderen Partei sind“, sagt Banaszak am Montag in Düsseldorf. „Es gibt keine Rot-Grünen oder Schwarz-Grünen, sondern es gibt Grüne, die dafür antreten, grüne Politik umzusetzen.“ Ganz korrekt ist das nicht. In Wuppertal etwa war Uwe Schneidewind von Beginn an der gemeinsame Kandidat von Grünen und CDU, und in Bonn konnte sich Katja Dörner auch deshalb am Sonntag gegen Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan (CDU) durchsetzen, weil die SPD sich im Stichwahlkampf für sie ausgesprochen hatte.
In Dortmund wiederum gab es ein grün-schwarzes Bündnis. Wenige Tage vor der Stichwahl in der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ hatten sich die örtlichen Grünen – unterstützt von der Landespartei – für den CDU-Kandidaten Andreas Hollstein ausgesprochen, um in Dortmund einen historischen Wechsel herbeizuführen. Doch Hollstein konnte sich am Sonntag nicht durchsetzen, weil sich nicht genügend Anhänger der Grünen für ihn erwärmen mochten.
Die Dortmunder Niederlage ist ein großer Schönheitsfehler in der Bilanz der Grünen, die ihr Abschneiden selbstbewusst als „Signal aus Nordrhein-Westfalen“ werten. Es sei nun klar, dass man dabei mitspiele, „eine inhaltliche Führungsrolle in diesem Land einzunehmen“, formuliert Banaszak. Seine Mit-Vorsitzende Neubaur sagt: „Wir sind in der Relevanz vor Ort bei den Menschen angekommen.“ Die Erfolge seien „verteilt über das ganze Land“ eingefahren worden. Tatsächlich sind die Grünen nicht mehr nur in den großen (Universitäts-)Städten verankert.
„Schwarze Herzkammern“ verloren
Hatte Sebastian Hartmann, der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, das Ergebnis von Runde eins der Kommunalwahlen am 13. September noch zur Trendwende für seine Partei umgedeutet, so gibt er sich am Montag betont nachdenklich. Beide Volksparteien, SPD wie CDU, hätten Mitte September ihr jeweils schlechtestes Ergebnis in der Landesgeschichte erzielt. Nach den Stichwahlen ergebe sich für seine Partei „ein durchmischtes Bild, es gibt Licht und Schatten“, sagt Hartmann.
Ihr psychologisch wichtigstes Ziel hat die SPD aber erreicht: Thomas Westphal konnte sich bei der Oberbürgermeister-Stichwahl in Dortmund mit rund 52 Prozent gegen CDU-Mann Hollstein durchsetzen und damit die „Herzkammer der Sozialdemokratie“ verteidigen. Über weitere Siege kann sich die SPD freuen: Gelsenkirchen konnte gehalten und Hamm hinzugewonnen werden. In Hamm setzte sich der SPD-Landtagsabgeordnete Marc Herter gegen den seit 1999 amtierenden Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) durch.
Verloren haben die Sozialdemokraten allerdings die Oberbürgermeisterwahlen in Oberhausen und in Mülheim an der Ruhr und obendrein auch noch die Landratsstichwahl in Recklinghausen, dem bevölkerungsreichsten Landkreis in Deutschland, der bisher eine SPD-Hochburg war. Schmerzliche Niederlagen mussten die Sozialdemokraten zudem in Wuppertal und in Düsseldorf hinnehmen. „Wir wollen aus Fehlern lernen und den Wahlsiegern zuhören“, sagt Hartmann. Sodann stichelt der SPD-Landeschef, vielleicht schadeten der CDU schwarz-grüne Bündniserwägungen mehr als sie ihr nutzten. Schließlich habe sie ihre „schwarzen Herzkammern“ Aachen und Bonn an die Grünen verloren.
Der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet konzentrierte sich schon am Stichwahlabend lieber auf die Erfolge seiner Partei wie in Düsseldorf. Dort gewann der bisherige Kölner Stadtdirektor Stephan Keller gegen den sozialdemokratischen Amtsinhaber Thomas Geisel, womit die CDU nun erstmals wieder den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt eines großen Flächenlandes stellt. Die Düsseldorfer und Keller hätten die „Ehre der CDU“ gerettet, sagte Laschet am Sonntagabend.
„Wir können auch in den Großstädten gewinnen“, sagte der CDU-Chef auch mit Blick auf Oberhausen, Mülheim und Münster – wo sich der schon seit 2009 regierende Markus Lewe durchsetzen konnte, obwohl Grüne und SPD ein Bündnis gegen ihn geschmiedet hatten. Nicht minder bedeutsam ist aus der Perspektive der CDU, dass sie nach wie vor auch in ländlicheren Regionen erfolgreich ist.