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Ermittlungen gegen „Milli Görüs“ : Islamkonferenz im Zwielicht

  • -Aktualisiert am
Mitarbeiter von „Milli Görüs” beim Freitagsgebet in der deutschen Zentrale der Organisation in Kerpen

Mitarbeiter von „Milli Görüs” beim Freitagsgebet in der deutschen Zentrale der Organisation in Kerpen Bild: Frank Röth

Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass deutsche Behörden seit Jahren gegen die türkisch-islamische Organisation „Milli Görüs“ ermitteln, der sie die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorwerfen. Das bringt nun Innenminister Schäuble in Bedrängnis und die Islamkonferenz in Verruf.

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          Vor zwei Wochen erlebte der politische Islamismus einen herben Rückschlag: Die Münchner Staatsanwaltschaft ließ in einer konzertierten Aktion 14 Wohnungen, Büros und Moscheen in München, im Rheinland, in Belgien und Berlin durchsuchen. Ermittelt wird gegen sieben Funktionäre, darunter gegen den Generalsekretär der türkischen-islamischen Organisation „Milli Görüs“ (IGMG), Oguz Üüncü, und den Vorsitzenden der arabisch dominierten „Islamischen Gemeinschaft Deutschlands“ (IGD), den Deutsch-Ägypter Ibrahim el Zayat.

          Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, die durch Erschleichung von öffentlichen Fördermitteln, durch Untreue, Geldwäsche und Bankrottverschleppung Geld für islamistische Ziele gesammelt haben soll. Am Wochenende verdichteten sich die Hinweise, dass die Gelder zur Unterstützung von Terroreinheiten der Hamas ins Ausland geleitet worden seien. Die Hamas ist der militante Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft, mit der El Zayat durch seine Führungspositionen in mehreren internationalen muslimischen Organisationen in Verbindung steht.

          Schäuble in Schwierigkeiten

          Die Ermittlungen, die schon seit mehreren Jahren andauern, aber erst mit den großangelegten Durchsuchungen öffentlich wurden, bringen nun Bundesinnenminister Schäuble (CDU) in Schwierigkeiten. Denn Üüncü ist in der von Schäuble einberufenen Islamkonferenz Mitglied des Arbeitskreises Sicherheit. Seine Organisation, die IGMG, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist über den „Islamrat“, in dem sie die größte Mitgliedsorganisation ist, auch im Plenum der Konferenz vertreten.

          Der Deutsch-Ägypter Ibrahim el Zayat gilt als Strippenzieher im Hintergrund des Zentralrats der Muslime
          Der Deutsch-Ägypter Ibrahim el Zayat gilt als Strippenzieher im Hintergrund des Zentralrats der Muslime :

          Die IGMG, zu der in Deutschland etwa 300 Moscheen und etwa 28.000 Mitglieder gehören, ist eine nichtstaatliche Organisation ausgewanderter Türken, die historisch eng mit der AKP, der Partei des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, verbunden ist. Sie lehnt den Laizismus ab, tritt gegen Kopftuchverbote in der Türkei wie in anderen europäischen Ländern ein und lehnt etwa die Teilnahme von muslimischen Mädchen am Schwimmunterricht ab. Die IGMG, die auch in den Benelux-Staaten, Frankreich, Österreich und Großbritannien aktiv ist, betreibt eine intensive Jugend- und Studentenarbeit mit dem Ziel, die muslimische-türkische Identität der Einwandererkinder zu stärken.

          Im Hintergrund zieht El Zayat die Fäden

          Der IGD-Vorsitzende El Zayat selbst ist nicht Mitglied der Islamkonferenz, da er und sein Verband regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten erwähnt werden. Doch die IGD ist Mitglied im Zentralrat der Muslime, in dem sich arabische, bosnische, albanische, iranische - kurzum: nichttürkische - muslimische Gruppen in Deutschland zusammengeschlossen haben. Für den Zentralrat sitzt dessen Vorsitzender Axel Ayyub Köhler im Plenum der Konferenz. Allerdings darf man annehmen, dass El Zayat im Hintergrund die Fäden zieht. Vor zwei Jahren erschien er ohne Einladung an der Seite Köhlers zum Plenum der Islamkonferenz; darüber empörte sich die Unionsfraktion im Bundestag.

          Der 41 Jahre alte El Zayat gilt als Kopf des politischen Islams in Deutschland. Er initiierte die Gründung des „Koordinierungsrats der Muslime“ (KRM) vor zwei Jahren, in dem sich vier bestehende Dachverbände zu einem einzigen zusammengeschlossen haben. Es sind der Zentralrat der Muslime, der Islamrat, der Verband der islamischen Kulturzentren und der deutsche Ableger des türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten, die Ditib. Jeder von ihnen beanspruchte zuvor den Alleinvertretungsanspruch für die Muslime gegenüber dem deutschen Staat für sich. El Zayat hatte zwar noch nie den förmlichen Vorsitz in diesem Gremium inne; die vier darin vertretenen Verbände wechseln sich halbjährlich mit der Sprecherfunktion ab. Doch der KRM täte vermutlich nichts, das El Zayat nicht für richtig hielte.

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