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Energiewende : Der Kampf um den neuen Strommarkt hat begonnen

Wie sicher ist die Versorgung? Der Süden fürchtet Stromausfall, der Norden hat Windkraft im Überschuss. Wie passt das zusammen? Bild: dpa

Die nächste große Reform der Energiewende steht bevor. Ein neuer Strommarkt soll entstehen. Viele Bundesländer aber lehnen die Pläne von Wirtschaftsminister Gabriel ab.

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          Die Länder wenden sich in großer Zahl gegen die Pläne des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) für eine Neugestaltung des deutschen Strommarkts. Das geht aus den Stellungnahmen zum „Grünbuch“ hervor, in dem das Ministerium die verschiedenen Optionen für eine solche Neuordnung dargestellt hatte. Bis Anfang März hatten alle Bürger, Verbände und Ministerien die Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

          Gabriel hatte die Reform des Strommarkts im Dezember vergangenen Jahres als „die wohl wichtigste Frage der Energiewende“ bezeichnet. Nötig ist die Reform, weil es auf dem deutschen Strommarkt durch die Förderung von Windkraft und Solarstrom schon seit langem erhebliche Überkapazitäten gibt. Folge davon ist, dass der Betrieb moderner Gaskraftwerke wie dem in Irsching in Bayern nicht mehr rentabel ist, sich also Investitionen in klimafreundliche konventionelle Kraftwerkstechnik nicht mehr lohnen. Das wiederum führt zu hohen Verlusten der Energiekonzerne. Die Probleme verschärfen sich, je mehr Wind- und Sonnenkraft ans Netz geht.    

          Gabriel favorisiert einen Abbau der Überkapazitäten über den Strompreis, den sogenannten „energy-only-marked“ (EOM), den er zum „EOM 2.0“ ausbauen will. Die andere Möglichkeit, den „Kapazitätsmarkt“, der konventionelle Kraftwerke schützt, die nur dann zum Einsatz kommen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, lehnt Gabriel ab. Das sei wie „Hartz IV für Kohlekraftwerke“. Dem haben jetzt mehrere Länder, auch solche, in denen die Grünen mitregieren, widersprochen.

          Nicht überraschend handelt es sich dabei um Länder mit viel Industrie, also Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Sie sehen die Stromversorgung Deutschlands gefährdet, wenn sich der Markt vor allem über den Preis regulieren sollte. Die Regierung in Düsseldorf wirft den Gutachtern, die dem „Grünbuch“ zugearbeitet haben, sogar vor, Szenarien in Kauf zu nehmen, in denen „ein Drittel der deutschen Industrie vorübergehend auf den Bezug von Strom verzichten müsste“. Sie warnt aber auch davor, das ein „Kapazitätsmarkt“ einseitig die Interessen Bayerns bevorzugen könnte, dortige Kraftwerke zu subventionieren. 

          Die norddeutschen Länder und Hessen stehen dagegen auf der Seite Gabriels - sie verteidigen vor allem die Interessen ihrer Windkraft und fordern, wie Niedersachsen, eine vollständige „Dekarbonisierung“ der deutschen Energiewirtschaft, also eine Energieversorgung ohne Stein- und Braunkohle. Im Mai soll auf das „Grünbuch“ ein „Weißbuch“ mit konkreten Maßnahmen folgen. Düsseldorf fordert die Verabschiedung eines Gesetzes noch in diesem Jahr.

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