Ein Jahr Pegida : „Bleiben Sie weg von denen, die Hass in unser Land spritzen“
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Pegida-Demonstration in Dresden Bild: AFP
An diesem Montag wird die Pegida-Bewegung ein Jahr alt. Vor der Jubiläumskundgebung in Dresden wächst die Sorge vor Gewalt. Minister warnen mit drastischen Worten.
Unmittelbar vor Großkundgebungen von Pegida und Gegnern des Bündnisses in Dresden hat Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) zur Gewaltfreiheit aufgerufen. Aufgrund der zu erwartenden „besonderen Anspannung“ zum Jahrestag der Pegida-Gründung an diesem Montag appelliere er an die Teilnehmer aller Demonstrationen, gewaltfrei und ohne Hetze gegen Ausländer, Politiker oder Andersdenkende zu agieren. Gewalt und Hass seien keine Lösung, denn: „Unser sozialer Frieden wird empfindlich gestört, und unsere demokratische Grundordnung, auf die wir alle so stolz sind, steht auf dem Spiel.“
Ulbig unterbrach seinen Nordseeurlaub, um während der Demonstrationen an diesem Montag im Dresdner Polizeilagezentrum sein zu können. Er forderte die Demonstrationsteilnehmer auf, sich klar zu sein, dass es in ihren Händen liege, „welches Signal aus Dresden, ja aus ganz Sachsen gesendet wird“. Die Polizei sei gut vorbereitet und werde gegebenenfalls „konsequent durchgreifen“.
Bachmann lädt Pirinçci ein
Die Polizei erwartet zehntausende Anhänger und Gegner der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) und ist mit einem Großaufgebot präsent. Die fremden- und islamfeindliche Gruppierung war am 20. Oktober vergangenen Jahres in Dresden zu ihrer ersten Demonstration zusammengekommen. Pegida-Chef Lutz Bachmann kündigte für die Jubiläums-Kundgebung auf dem Theaterplatz vor der Semperoper zahlreiche internationale Gäste an, darunter den deutsch-türkischen Autor Akif Pirinçci, der für schwulen- und migrantenfeindliche Positionen bekannt ist.
Unter dem Motto „Herz statt Hetze“ will sich ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen und Initiativen dem entgegenstellen und in einem Sternlauf in die Altstadt ziehen. Man wolle den Tag so gestalten, „dass er für Pegida kein Erfolg wird“, sagte Silvio Lang vom Bündnis Dresden Nazifrei. Beide Seiten haben bundesweit zur Teilnahme an ihren Kundgebungen aufgerufen.
De Maizière: „Bleiben Sie weg“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Pegida-Bewegung mit scharfen Worten kritisiert. „Inzwischen ist völlig eindeutig: Diejenigen, die das organisieren, sind harte Rechtsextremisten“, sagte de Maizière am Sonntagabend im ARD-“Bericht aus Berlin“. „Sie bezeichnen Asylbewerber pauschal als Verbrecher, alle Politiker als Hochverräter. Das ist fernab jedes demokratischen Konsenses“, sagte der CDU-Politiker.
Dresden : Ermittlungen wegen symbolischen Galgens bei Pegida-Demonstration
Wer an Pegida-Demonstrationen teilnehme, müsse wissen, „dass er Rattenfängern hinterherläuft“, warnte der Minister. De Maizière forderte „alle diejenigen, die sich Sorgen machen“ auf: „Bleiben Sie weg von denen, die diesen Hass, dieses Gift in unser Land spritzen.“
Die Messerattacke auf die parteilose künftige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker bezeichnete de Maizière als „entsetzliche Tat“. „Ein Mordanschlag gegen eine Frau und einige Mitarbeiter, die Flüchtlinge unterbringt. Da bleibt einem ja die Sprache weg“, sagte der Minister. Die „Verdreifachung“ der Zahl der Straftaten gegen Asylbewerber und Asylbewerbereinrichtungen im Vergleich zum Vorjahr mit insgesamt mehr als 40 Verletzten nannte de Maizière „entsetzlich“.
Ein 44-jähriger Mann mit früheren Kontakten zum organisierten Rechtsextremismus hatte Reker am Samstagmorgen an einem CDU-Wahlkampfstand in Köln-Braunsfeld mit einem Jagdmesser angegriffen und schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kölner versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung an vier Mitgliedern von Rekers Wahlkampfteam vor. Der laut einer psychologischen Untersuchung schuldfähige Attentäter hatte als Tatmotiv Ausländerhass genannt.
Bouffier: „Keine Lösung“
Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sagte der Zeitung „Die Welt“: „Pegida ist ein Ausdruck der Unzufriedenheit, den man nicht ignorieren kann. Diese Bewegung äußert aber ihren Protest in einer Weise, der niemandem nützt. Wer nur den Hass aufstachelt, hat ja noch keine Lösung.“
Bei einer Pegida-Demonstration am vergangenen Montag war eine Galgen-Attrappe gezeigt worden, was bundesweite Empörung sowie strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden ausgelöst hatte. Auf dem Galgen waren Schilder mit der Aufschrift „Reserviert - Angela „Mutti“ Merkel“ und „Reserviert - Siegmar „das Pack“ Gabriel“ angebracht, wobei der Vorname des Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers falsch geschrieben war. Am Wochenende gab sich ein 39-Jähriger aus dem Erzgebirge als Urheber zu erkennen und bezeichnete die Aktion als „Satire“.
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