Druckschrift statt Schreibschrift : Politische Handschriften
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Mengenlehre, Ganzwortmethode, Vereinfachte Ausgangsschrift und jetzt Grundschrift (Druckschrift) statt Schreibschrift in Hamburg: Die Grundschulen sind seit jeher ein beliebtes Experimentierfeld für pädagogische Neuerungen. Der Volksentscheid in Hamburg hat die Gegner der Primarschule hellhörig gemacht gegenüber jeglichem Reformfuror, und der neue Schulsenator ist einer verstärkten Beobachtung ausgesetzt. Ties Rabe (SPD), der in diesem Amt auf Christa Goetsch (Grüne) folgte, sieht im Streit über das richtige Schreibenlernen und im Protest vieler Hamburger indessen nur einen „Sturm im Wasserglas“, denn die Abschaffung der Schreibschrift scheint ihm ein besonderes Anliegen zu sein.
Schon im Oktober 2010 hatte er als Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft eine schriftliche Anfrage an den Senat gestellt und dazu aufgefordert, die Druckschrift anstelle der Schreibschrift in allen Grundschulen verbindlich einzuführen. Die Abschaffung der Schreibschrift werde in der Wissenschaft unterschiedlich bewertet, generell erwarteten die meisten Wissenschaftler und Pädagogen davon allerdings eine Erleichterung – so hatte Rabe seine Anfrage begründet.
Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen
Damals antwortete der Senat: „Der völlige Verzicht auf das systematische Erlernen einer verbundenen Schreibschrift in der Grundschule ist mit Blick auf das Ziel einer flüssigen Handschrift und eines angemessenen Schreibtempos abzulehnen.“ Es lägen keine belastbaren empirischen Ergebnisse vor, die bestätigten, dass Schüler mit einer unverbundenen Druckschrift besser zu einer individuellen Handschrift fänden. In der Tat gibt es dazu keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die meisten Wissenschaftler oder empirischen Bildungsforscher haben sich nie mit dem Thema befasst.
Die Abschaffung der Schreibschrift in Hamburg verbirgt sich im neuen Bildungsplan in acht Zeilen. Bisher haben alle Kinder an den Grundschulen einheitlich die Schreibschrift gelernt. Nach den Ferien können die Grundschulen nun selbst entscheiden, ob sie weiterhin die Vereinfachte Ausgangsschrift (Schreibschrift) lernen oder eine Art Druckschrift, die man als Grundschrift bezeichnet und die vom Grundschulverband mit demselben Argument angepriesen wird, das auch die Einführung der Rechtschreibreform begründen sollte: mit erheblichen Vereinfachungen für die Grundschüler. Hamburg will sogar auf eine Lineatur beim Erlernen der Grundschrift verzichten, eine Vorlage zum Unterlegen soll genügen.
Lateinisches Alphabet unter Hitler als „deutsche Normalschrift“
Mit der Abschaffung der Deutschen Sütterlinschrift im Jahre 1941 durch Adolf Hitler begann eine Entwicklung, die Schreibschrift der Druckschrift anzunähern. Das lateinische Alphabet wurde daher 1941 als „Deutsche Normalschrift“ in den Schulen verbindlich gemacht. Die Nationalsozialisten erhofften sich von möglichst persönlich geprägten Schriften eine Selektionsmöglichkeit und beauftragten Graphologen, vermeintlich rassisch oder charakterlich „Minderwertige“ anhand einer Schriftanalyse auszusortieren.