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Die AfD und Pegida : Kein Geheimnis mehr

Pegida-Anhänger demonstrieren am 8. Dezember in Dresden Bild: Reuters

Nicht nur Parteichef Bernd Lucke äußert Verständnis für Pegida. Längst bekennen sich weite Teile der AfD-Basis offen zu ihrer Sympathie für das islamkritische Bündnis. Manche gehören sogar zu den Organisatoren.

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          Unter den selbsternannten Patrioten in der AfD ist die Begeisterung für die islamkritischen Proteste in deutschen Städten groß. Die „Patriotische Plattform“, ein Zusammenschluss aus Nationalkonservativen in der AfD, veröffentlichte auf ihrer Seite in dem sozialen Netzwerk Facebook jüngst ein Foto von neun Männern nach einer Demonstration des Pegida-Bündnisses in Dresden. Die Abkürzung steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.

          Justus Bender
          Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
          Stefan Locke
          Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

          Zu ihrem Erinnerungsfoto schrieben die AfD-Mitglieder: „Unter den Teilnehmern wie jeden Montag sächsische Patrioten der AfD.“ Auch Sachsens AfD-Landesvorsitzende Frauke Petry äußert Verständnis für die Demonstranten. „Pegida thematisiert Dinge, die von der Politik vernachlässigt werden“, sagte Petry der F.A.Z. Zudem sei die „inhaltliche Überschneidung“ der Forderungen der Bewegung mit dem Programm der AfD „offensichtlich“. Es sei auch kein Geheimnis, dass „sehr viele“ AfD-Mitglieder bei Pegida-Demonstrationen mitliefen.

          In Petrys Landesvorstand wird sogar die Frage aufgeworfen, ob die AfD sich als parlamentarischer Arm der Pegida-Bewegung begreifen sollte. Landesvorstand Hans-Thomas Tillschneider, der für seine Islamkritik bekannt ist, nimmt regelmäßig an den Demonstrationen teil. Hinter der Pegida-Bewegung schienen im Gegensatz zu den „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) „kluge Köpfe“ zu stehen, schrieb er kürzlich auf einer Internetseite der „Patriotischen Plattform“. Was Pegida noch fehle, sei „eine Partei, die den Protest in die Parlamente trägt“.

          Legitimes Anliegen mit fremdenfeindlichem Beigeschmack

          Die übrige AfD-Führung bemüht sich bei dem Thema um Nachdenklichkeit. In Äußerungen, in denen jedes Wort abgewogen scheint, soll eine Mitte gefunden werden zwischen zwei politischen Unwägbarkeiten. Einerseits sollen sich gemäßigte Demonstranten durch zu ablehnende Äußerungen nicht von der AfD diffamiert fühlen. Andererseits wird der Verdacht gehegt, dass auch Bürger mit fremdenfeindlicher Gesinnung an den Pegida-Protesten teilnehmen.

          Pegida-Demostration am 8. Dezember in Dresden
          Pegida-Demostration am 8. Dezember in Dresden : Bild: Reuters

          So bestreitet der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke etwa, er habe die Pegida-Proteste als „gut und richtig“ bezeichnet. Diese Äußerung habe sich nur auf den Umstand bezogen, dass die Demonstrationen „gewaltlos“ geblieben seien, sagte Lucke dieser Zeitung. Es gebe eine „berechtigte Sorge über die Ausbreitung von radikalem islamistischen Gedankengut“. Allerdings müssten die Pegida-Demonstranten bei der von ihnen angestrebten „Verteidigung des Abendlandes“ auch dessen Werte von „Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Religionsfreiheit“ verteidigen. Er habe die „Befürchtung, dass hinter den legitimen Anliegen auch Leute mitmarschierten, die andere Inhalte wie Fremdenfeindlichkeit vertreten“. Mit Vorsicht äußert sich auch der stellvertretende Parteivorsitzende Hans-Olaf Henkel. Die AfD dürfe sich nicht „als Partei“ den Pegida-Protesten anschließen, sagte Henkel dieser Zeitung. Es sei „nicht auszuschließen“, dass die Proteste einen „ausländerfeindlichen oder gar rassistischen Beigeschmack“ hätten.

          Schwedinnen färben sich aus Angst die Haare schwarz

          Während die Parteiführung noch über die Annäherung an das Pegida-Bündnis diskutiert, wird diese an der Basis längst vollzogen. Die Kreisverbände der AfD in der Sächsischen Schweiz und Dresden rufen ihre Mitglieder offen zur Teilnahme an den Protesten auf. Die Internetseite der Dresdner AfD bildet das Pegida-Logo groß ab. Dass Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) jüngst zu einer Demonstration gegen Pegida aufrief, wird ihr in der AfD übelgenommen. Der Dresdner AfD-Kreisvorsitzende Jürgen Schulz sagt, Orosz organisiere „eine Konfrontation, wie sie ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte“ sei.

          Dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Hans-Olaf Henkel ist Pegida nicht ganz geheuer.
          Dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Hans-Olaf Henkel ist Pegida nicht ganz geheuer. : Bild: Röth, Frank

          Bei manchen Demonstrationen gehören AfD-Mitglieder nicht nur zu den Unterstützern, sondern zu den Organisatoren. In Düsseldorf ist das AfD-Mitglied Alexander Heumann einer der Initiatoren des dortigen Pegida-Ablegers namens Dügida. Heumann trat auch bei einer Demonstration der Hogesa in Hannover als Redner auf und er ist Vorsitzender der „Patriotischen Plattform“ in Nordrhein-Westfalen. In seiner Rede auf einer Dügida-Demonstration in Düsseldorf, deren Manuskript dieser Zeitung vorliegt, hatte Heumann noch versöhnliche Worte gewählt. „Jeder demokratisch gesinnte Patriot ist hier willkommen! Egal ob links oder rechts, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion!“

          Im Gespräch mit dieser Zeitung vertrat Heumann hingegen weniger tolerante Positionen. Er äußerte die Erwartung, dass „in 20 Jahren in Deutschland die Scharia eingeführt wird, wenn die Islamisierung so weitergeht“. Heumann fordert, Deutschland solle die Einwanderung von Muslimen begrenzen. Er betrachte es mit Sorge, wenn Muslime in Deutschland für die öffentliche Sicherheit zuständig seien, etwa als Polizisten. Diese könnten von radikalen Muslimen mit dem Hinweis, sie seien „Brüder“, beeinflusst werden. In Schweden seien schon ganz Stadtviertel an islamische Einwanderer „verlorengegangen“. Die Zahl der Vergewaltigungen dort sei gestiegen, schwedische Frauen, behauptete Heumann, färbten sich aus Angst die Haare schwarz.

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