AfD-Parteitag in Hannover : Das wird man wohl noch aushalten dürfen
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„Das bin ja gar nicht mehr ich“
Ein anderer schreibt: „Klar, die Feiglinge trinken gemütlich Kaffee, während deutsche Soldaten für sie den Arsch hinhalten.“ Die Vorstellung, Bürgerkriegsflüchtlinge mit staatlicher Gewalt zum Kriegsdienst zu zwingen, führt nicht zu Widerspruch. Im Gegenteil, gemahnt wird in der neuen AfD immer wieder zum Zusammenhalt. „Wir lassen uns nicht mehr auseinander dividieren“, sagt der als gemäßigt geltende Parteivorsitzende Meuthen. „Wer von außen auf eine Spaltung wartet, der wird enttäuscht werden.“
Mit dem Feierabend der Kameraleute legt sich auch der Rummel um Höcke. Ermattet steht der frühere Geschichtslehrer an einem der Bistrotische. „Das waren sehr viele Gespräche heute“, sagt er. Immer wieder hat Höcke die Frage nach seinem Verhältnis zu Petry beantworten müssen. „Das wird von den Medien nur zum neuen Machtkampf stilisiert“, hatte er stets gesagt. Zu den Konstanten in den Gesprächen mit Höcke gehören seine Beteuerungen, dass ihm der öffentliche Auftritt eigentlich gar nicht liege. Höcke beschreibt sich dann als ruhigen, in sich gekehrten Mensch. Ein Neuling in der Politik, der „lernbereit“ sei. So habe er sich auch die zurechtweisende E-Mail von Petry zu Herzen genommen, nachdem er bei „Günther Jauch“ eine Deutschlandfahne über seinen Stuhl gehängt hatte. Höcke berichtet auch, wie er sich erschreckte, als in der Sendung Videos aus seinen Reden auf ostdeutschen Marktplätzen eingespielt wurden. „Das bin ja gar nicht mehr ich“, habe er sich gedacht.
Höcke will sich „runterdimmen“
Auf den Demonstrationen, erklärt Höcke, herrsche „eine ganz besondere Atmosphäre“. „Man kommt da so in eine Tonlage.“ Beim Fernsehzuschauer könne da schnell ein falscher Eindruck entstehen. Als er in Magdeburg zum Beispiel von der „tausendjährigen Zukunft“ Deutschlands sprach, habe er gar nicht an mögliche Assoziationen mit dem „tausendjährigen Reich“ Adolf Hitlers gedacht. Im Kopf habe er da lediglich ein Zitat von Helmut Schmidt gehabt.
Höcke hat sich deshalb vorgenommen, sich künftig „ein bisschen runterzudimmen“. Die Symbolhandlung mit der Deutschlandfahne würde er aber genau so nochmal machen. „Und Höcke wird auch ein Mann der klaren Worte bleiben“, sagt er. „Wir müssen als Deutsche fragen, wer wir sind“, sagt er. „Wir brauchen ein Ja zum Wir.“ Das deutsche Volk müsse sich von der „Zeitgeistmatrix“ lösen, es müsse aus seiner „Seinsvergessenheit“ heraustreten und stattdessen wieder seiner „Seinsordnung“ näher kommen. „Ja, das ist Heidegger.“
Mit seinem Gastspiel auf dem Satzungsparteitag in Hannover ist Höcke, wie er findet, der deutschen Seinsordnung wieder einige Schritte nähergekommen. „Wir agieren schließlich unter den Gesetzmäßigkeiten einer medial aufgeladenen Massendemokratie.“ Und durch die vielen Interviews habe er seinen „Bekanntheitsgrad weiter gesteigert“. In einem Machtkampf, den es nicht gibt, könnte der Bekanntheitsgrad gerade für schüchterne Nicht-Agitatoren wie ihn noch zu einer wichtigen Währung werden.