U-Boot-Deal mit Australien : Vom Platzen eines allseits beliebten Rüstungsgeschäfts
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Gewonnen: Verteidigungsminister Le Drian, Außenminister Ayrault, Präsident Hollande und der DCNS-Chef Guillou Bild: dpa
Die Bundesregierung wollte unbedingt U-Boote an Australien verkaufen – die Australier machen das Geschäft aber lieber mit Frankreich. Das könnte an der restriktiven deutschen Rüstungspolitik liegen.
„Über eine mangelnde Unterstützung des U-Boot-Geschäftes mit Australien durch die Bundesregierung können wir uns nicht beschweren. Insbesondere die Bundeskanzlerin, die zuständigen Minister und Staatssekretäre haben vieles versucht.“ So hat Georg Wilhelm Adamowitsch am Donnerstag im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Niederlage des ThyssenKrupp-Konzerns im Wettbewerb um den australischen 35-Milliarden-Auftrages bewertet. Adamowitsch, Sozialdemokrat und früher enger Mitarbeiter und auch Staatssekretär des vormaligen Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement, ist heutzutage Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Anschuldigungen der einfachen Art sind – jedenfalls in dieser Angelegenheit – seine Sache nicht.
Wahrscheinlich wären sie auch schwer zu begründen gewesen. Anders als im Falle von Waffenlieferungen etwa nach Saudi Arabien hatte die Bewerbung des in Kiel ansässigen deutschen Unternehmens in Berlin keine Wellen geschlagen. Keine von der Opposition beantragten Aktuellen Stunden gegen das Geschäft gab es. Niemand protestierte. Und die verschiedenen Partner der großen Koalition, die ansonsten gerne Differenzen bei Rüstungsexporten zu Protokoll geben, zogen an einem Strang. „Solche Waffengeschäfte wünscht man sich“, heißt es im sozialdemokratischen Teil der Bundesregierung: mit Australien, einem in diesen Sachen Nato-Mitgliedern gleichgestellten Land. Mit einem demokratischen Staat, der die Opposition nicht mit Gewalt unterdrückt; mit einem Land, das sich an Menschenrechte hält.
Merkel setzte sich bei G-20-Gipfel für das Geschäft ein
Nun ist das Bedauern in Berlin groß. Der Auftrag für die zwölf Unterseeboote ging an die staatliche französische Werft DCNS. Dass in Paris der Erfolg mehr gefeiert als die Niederlage in Berlin bedauert wird, versteht sich. In den politischen Debatten in Berlin spielte sie eigentlich keine Rolle. So gab es keine Debatten in den Koalitionsfraktionen. Auch die Bundesregierung hielt sich zurück – sie hatte nichts zu gewinnen. Die Opposition tat das auch. Hätten etwa Grüne und Linke das Nichtzustandekommen eines Rüstungsexportes bedauern sollen? Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender und für Rüstungsexporte zuständiger Wirtschaftsminister, war Anfang der Woche bei der Hannover-Messe kurz befragt worden. Er drückte sein Bedauern aus. Das Geschäft wäre eine große Chance für ThyssenKrupp gewesen, heißt im Wirtschaftsministerium. Womöglich hätte es nicht einmal die Linkspartei kritisiert. An mangelnder Unterstützung der Bundesregierung habe es jedenfalls nicht gelegen. Unlängst noch habe Uwe Beckmeyer (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär beim Wirtschaftsminister, im Gespräch mit australischen Journalisten versucht, dafür zu werben.
Merkel hatte sich im November 2014, als sie wegen des G-20-Gipfels in Australien war, für das deutsche Angebot verwendet. Ein Jahr später war der australische Premierminister Malcolm Turnbull in Berlin. Merkel: „Wir glauben einfach, dass unser Unternehmen gute Qualität bieten kann. Das ist ja etwas, was überzeugen soll; darum geht es ja auch in dem Bieterverfahren.“ Und: „Die deutsche Regierung unterstützt aber das deutsche Angebot, das ja ein privatwirtschaftliches Angebot ist.“ Turnbull äußerte sich vergleichsweise kryptisch. Er sprach mehr von wirtschaftlicher Innovation als von U-Booten. Etwa so: „Die Bedingungen, die in dem Verfahren dargelegt sind, werden dafür sorgen, dass es zu einer verstärkten Innovation kommt, und zwar unabhängig davon, wer das Ausschreibungsverfahren gewinnt.“ Oder auch: „Technologische Entwicklungen im Verteidigungsbereich haben positive Auswirkungen auf die Wirtschaft meines Landes insgesamt.“
Haben technologische Unterschiede eine Rolle gespielt?
Im Verteidigungsministerium wurde die australische Entscheidung zugunsten Frankreichs mit Enttäuschung, aber auch mit einem gewissen Achselzucken zur Kenntnis genommen. So lange die Entscheidungsgründe der Australier nicht zugänglich seien, könne man kaum mit einer selbstkritischen Fehlersuche beginnen, hieß es. Mutmaßungen richteten sich darauf, womöglich hätten technologische Unterschiede eine Rolle gespielt, etwa die Möglichkeit des französischen Anbieters, die Boote mit einem Atomantrieb auszurüsten.