https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/deutsche-neonazis-marschieren-in-budapest-mit-16035489.html

Rechtsextremismus : Ungarn – Wallfahrtsort deutscher Neonazis?

  • -Aktualisiert am

Unter den Teilnehmern bei dem Aufmarsch in Budapest waren offenbar auch Neonazis aus Deutschland, Schweden, Russland und der Ukraine. Bild: „Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus“

Hunderte Deutsche sollen bei der Neonazi-Demo am „Tag der Ehre“ in Budapest gewesen sein. Einer der Redner, ein bekannter Dortmunder Neonazi, zitierte Hitler.

          2 Min.

          Unter den Teilnehmern einer Neonazi-Demo in Budapest am Samstag sollen mehrere hundert Deutsche gewesen sein. Das teilte das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) am Montag in Berlin mit. Demnach trugen viele Teilnehmer SS-Uniformen, zeigten NS-Symbole wie das Hakenkreuz und riefen antisemitische Parolen wie „Juden raus, Juden raus“. Außerdem marschierte eine uniformierte Gruppe in das von Budapest 60 Kilometer entfernte Dorf Szomor in den Bergen westlich der Hauptstadt. Mehrere ungarische Medien berichteten darüber.

          Insgesamt hätten mehrere tausend Männer und Frauen teilgenommen, schildert das JFDA, das mit einem Team vor Ort war. Anlass für die Demonstration ist der sogenannte Tag der Ehre, mit dem ungarische Neonazi-Organisationen seit 1997 jährlich an Wehrmachtssoldaten erinnern, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind.

          Unter den Rednern war nach Angaben des JFDA auch der in Dortmund bekannte Neonazi Matthias Deyda. Er rief demnach in seiner Rede indirekt zur Gewalt gegen Juden auf, indem er eine Passage Adolf Hitlers zitierte: „Wenn unser alter Feind und Widersacher noch einmal versuchen sollte, uns anzugreifen, dann werden die Sturmfahnen hochfliegen, und sie werden uns kennenlernen.“ Auch nannte Deyda Hitler „den bekanntesten und größten Staatsmann der Geschichte, dessen Namen man auch noch in hundert Jahren kennen wird“. Ein Redner aus Schweden bezeichnete die „ewigen, internationalen und kosmopolitischen Globalisten“ als „wahren Feind“. Mit „kosmopolitischen Globalisten“ bezeichnen Neonazis laut JFDA vor allem Juden.

          Teilnehmer am „Tag der Ehre“ in Ungarn
          Teilnehmer am „Tag der Ehre“ in Ungarn : Bild: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus

          Aus Deutschland waren laut dem JFDA in diesem Jahr Vertreter der Partei „Die Rechte“ anwesend. Aber auch aus Schweden, der Ukraine, Italien und Russland reisten demnach Neonazis an.

          2017 versammelten sich am „Tag der Ehre“ laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln etwa 570 Männer und Frauen – darunter etwa 50 Deutsche – in Budapest. Es reise jährlich eine „beachtliche Zahl deutscher Extremisten“ an, unter ihnen Delegationen der Parteien „Die Rechte“, „Der III.Weg“ und der NPD. Das Treffen habe sich wie andere Großveranstaltungen im europäischen Ausland als feste Veranstaltung der Szene etabliert. Auf Nachfrage von FAZ.NET hieß es, dass die Mehrzahl der Teilnehmer nicht rechtsextrem sei.

          Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, verurteilte die Demonstration und warf den Behörden Untätigkeit vor. „Die Gleichgültigkeit der ungarischen Behörden erschüttert mich, und es muss über die Auswirkungen solcher Hassbotschaften nachgedacht werden“, sagte der Oberrabbiner von Moskau am Montag zu FAZ.NET. Die jüdische Gemeinschaft in Europa sei sehr besorgt um ihre Sicherheit. Der liberale Oberbürgermeisterkandidat Budapests, Ádám Sermer, sagte dem staatlichen Fernsehsender „m1“ am Montag, rassistische Aufmärsche hätten in der Hauptstadt keinen Platz.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Am Ende steht die Rechnung: Eine Supermarktbesucherin bezahlt ihre Einkäufe.

          Trotz Rückgangs : Die Inflation ist noch nicht besiegt

          Die deutlich gefallenen Energiepreise sorgen dafür, dass sich die Preissteigerung in Deutschland etwas abmildert. Das ist eine gute Nachricht – doch es bleiben Herausforderungen. Vor allem für die Geldpolitik.

          Kölner Regelverstoß : Ein Verein am Pranger

          Laut FIFA hat der 1. FC Köln gegen Transferregeln verstoßen und darf vorerst keine neuen Spieler verpflichten. Der Klub spricht von einer „Farce“ – und bangt um seine Zukunft.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.