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Friedensgutachten : „Europa muss mehr können“

Ist hier mehr Unterstützung wünschenswert? EU-Ratspräsident Charles Michel und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba an der Gedenkstätte für Ukrainer, die während der proeuropäischen Proteste 2014 in Kiew getötet wurden. Bild: Reuters

Deutsche Friedensforschungsinstitute sind sich einig: Europa und Deutschland sollen sich stärker als „Ordnungsmacht von globalem Rang“ engagieren. Dafür müsse die EU aber erst einmal interne Probleme lösen.

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          Europa und damit auch Deutschland müssen sich nach Ansicht der führenden deutschen Friedensforschungsinstitute stärker als „Ordnungsmacht von globalem Rang“ engagieren, statt in der Rolle eines „weltpolitischen Zaungastes“ zu verharren. Bei der Vorstellung des jährlichen Friedensgutachtens sagte die Geschäftsführerin des Hessischen Instituts für Friedens- und Konfliktforschung Nicole Deitelhoff: „Europa muss mehr können und können wollen.“ Die vier Konfliktforschungs-Denkfabriken weisen der EU die Aufgabe zu, für die Gewaltkonflikte in Osteuropa (Ukraine) und im Südkaukasus (Armenien/Aserbaidschan) eine „belastbare Strategie der Konfliktbearbeitung“ zu entwickeln.

          Johannes Leithäuser
          Politischer Korrespondent für das Vereinigte Königreich und Irland.

          In den Empfehlungen des Gutachtens heißt es, die EU habe „das wirtschaftliche Potential und das diplomatische Gewicht, um friedenspolitische Akzente zu setzen – und auch zivile Handlungsspielräume gegenüber Russland“. Deitelhoff sagte, es sei womöglich an der Zeit, gegenüber Moskau „den Joker Nord Stream 2 zu spielen“, wenn Russland sich in Bezug auf den Osten der Ukraine weiterhin aggressiv verhalte.

          Auch gegenüber China empfiehlt das Jahresgutachten ein aktiveres Handeln der EU. Einerseits solle Europa „die Kooperationspotentiale in ausgewählten Politikfeldern wie etwa in der Wirtschafts- und Umweltpolitik nutzen“, andererseits aber sei „die Volksrepublik China auf Kernnormen und Grundprinzipien der internationalen Ordnung zu verpflichten“. Europa könne zwischen den Großmächten China und Amerika vermitteln. Deitelhoff sagte, gegenwärtig entstehe eine „einseitige Bedrohungsspirale zwischen China und dem Westen“.

          Wie es im Gutachten heißt, hänge die höhere außenpolitische Handlungsfähigkeit der EU allerdings auch davon ab, dass sie in ihren Mitgliedstaaten entschieden und erfolgreich gegen „nationalistische Bestrebungen, Demokratieabbau und Missmanagement“ vorgehe. Das gehöre überdies in den nach außen gerichteten Aufgabenkatalog, wo der Multilateralismus gestärkt und demokratische Institutionen in den „fragilen Staaten im Globalen Süden“ gestützt werden müssten.

          Die Friedensforscher zählen aktuell 120 Gewaltkonflikte auf der Erde, von denen die gewalttätigsten unter anderem in Afrika südlich der Sahara verzeichnet werden. Allerdings würden weiterhin mehr als ein Drittel aller Gewaltopfer auf der Welt in Afghanistan registriert; insgesamt sei eine „konstante sehr hohe Konfliktlage“ festzustellen.

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