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Jasper von Altenbockum (kum.)

Warnstreik : Die Ruhe vor dem Sturm

Ein Gewerkschaftsvertreter klebt ein Streikplakat im Terminal 1 des Hamburger Flughafens an. Bild: dpa

Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ist Ausdruck eines tiefen Umbruchs. Die Daseinsvorsorge steht auf dem Spiel. Wie auch immer der Konflikt ausgeht, der politische Rückstoß wird erheblich sein.

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          Auch wenn der Warnstreik an diesem Montag schon wie ein Sturm wirkt, ist er doch nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn wie auch immer der Ausgang dieses Tarifkonflikts ist, er wird im öffentlichen Dienst tiefe Spuren hinterlassen. Er selbst ist Ausdruck eines tiefen Umbruchs.

          Auch und gerade die Arbeitgeber wissen, dass vor allem die Personalnot den öffentlichen Dienst dazu zwingt, attraktiver und effizienter zu werden. An höheren, in vielen Bereichen wesentlich höheren Löhnen führt deshalb kein Weg vorbei. Die Gewerkschaften, vorneweg Verdi, sind deshalb im Vorteil. Den nutzen sie nun gnadenlos, manche sagen: schamlos, aus.

          Aus den Kommunen, die davon in erster Linie betroffen sind, wird es nach diesem Konflikt einen finanziellen und damit politischen Rückstoß geben, der so gut wie alle Projekte betrifft, die es der „Fortschrittskoalition“ besonders angetan haben. Ob Nahverkehr, Sozialpolitik oder Klimaschutz: Die Daseinsvorsorge, die heute ein wesentlich größeres Feld beackert als noch vor zwanzig Jahren, wird unter dem Eindruck von Inflation, Zinslast, Tarifabschluss und bleibenden personellen Engpässen eine Achterbahnfahrt durchmachen, die jeden Bürger betrifft.

          Rationierung und Rationalisierung

          Die ersten Erschütterungen merken sie jetzt schon. Nicht nur Gastronomie, Handwerker und Kleingewerbe müssen ihre Möglichkeiten rationieren, weil Arbeitskräfte fehlen und Kosten steigen. Kitas, Schulen, Pflege oder Krankenhäusern geht es nicht anders. Im Nahverkehr wiegt das „Deutschlandticket“ die Kunden in Illusionen. Es entspannt die Lage nicht, sondern verschärft sie. Die Kosten steigen, wo sie ohnehin steigen.

          Überall dort, wo billiger besser sein soll, trügt der Schein. Ausnahmen gibt es nur, wo es möglich ist, der Rationierung durch Rationalisierung zu entgehen. Die steckt in der Digitalisierung. Ungeduldige hätten sich gewünscht, dass es damit weit schneller geht. Sie werden sich womöglich durch den Sturm bestätigt fühlen, der schon bald nach diesem Tarifkonflikt ausbricht, ausbrechen muss.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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