Annegret Kramp-Karrenbauer : Aufstieg und Fall der AKK
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Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel im Januar Bild: dpa
Mit Annegret Kramp-Karrenbauer schien die CDU ihre ideale Integrationsfigur gefunden zu haben. Doch die Vorsitzende agierte zunehmend glücklos und ungeschickt. Jetzt zog sie die Reißleine.
Es ist das Ende eines sehr langfristigen Projekts. Annegret Kramp-Karrenbauer trat formal zwar erst zu Beginn des Jahres 2018 mit Ambitionen auf die bundespolitische Bühne, als sie sich überraschend zur Generalsekretärin der CDU wählen ließ. Aber zuvor hatte sie über viele Jahre enge Kontakte nach Berlin gehalten, in die Politik, auch in die Medien. Als Kanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik einige Kritik einzustecken hatte, gehörte die saarländische Ministerpräsidentin zu ihren zuverlässigen Unterstützern.

Leiter der Parlamentsredaktion in Berlin.
Dabei fuhr sie durchaus einen strikten Kurs, etwa indem sie ganz unaufgeregt Altersprüfungen bei Asylbewerbern anordnete, um falsche Angaben aufzudecken. Der Eindruck entstand, die in der alten westdeutschen CDU groß gewordene Kramp-Karrenbauer könne es schaffen, eine moderne Position der Mitte, gelegentlich auch der linken Mitte, mit den traditionellen Werten der CDU, auch ihres konservativen Flügels, zu vereinbaren. Die eierlegende Wollmilchsau schien gefunden.
Nur mit hauchdünner Mehrheit gewählt
Auf dem Parteitag in Berlin, der sie zur Generalsekretärin wählte, versetzte Kramp-Karrenbauer die Delegierten in einen Rausch, wie es ihr danach nicht mehr gelingen sollte. Das lag allerdings nicht nur an ihr, oder gar ihrer Redekunst, die solide, aber nicht berauschend ist. „AKK“, wie sie seither in immer breiteren Kreisen genannt wurde, war vom ersten Moment das Symbol für das Ende der Ära Merkel, das nach damals fast 18 Jahren Parteivorsitz und einem Dutzend Jahren Kanzlerschaft selbst manche Merkel-Anhänger für gekommen hielten.
Dass nicht alle Kramp-Karrenbauer für die Idealbesetzung und die selbstverständliche Kanzlerkandidatin hielten, zeigte sich im Dezember 2018, als sie zur Nachfolgerin Merkels als Parteivorsitzende gewählt wurde, aber das nur mit hauchdünner Mehrheit vor Friedrich Merz, dem Idol der Konservativen in der CDU und des Wirtschaftsflügels. Erst sah es so aus, als könne Kramp-Karrenbauer diese Spaltung der CDU überwinden. Sie ließ die Partei zu einem „Werkstattgespräch“ im Adenauer-Haus zusammenkommen, damit erstmals in der CDU offen über Merkels Asylpolitik geredet würde. Die Kanzlerin sprach von „verplemperter“ Zeit, was die Wahrnehmung erhärtete, dass man in der Regierungszentrale nicht begeistert war von ihrem bisherigen Agieren.
Merkel war immer gegen einen unklaren Kurs und der Auffassung, dass die CDU mit einer noch so zarten Verneigung nach rechts nicht gewinnen könne, was sie dabei in der Mitte verlöre. Eine Überzeugung, die sie mit dem nordrhein-wesfälischen Ministerpräsidenten und CDU-Vize Armin Laschet ebenso teilt wie (seit einiger Zeit) mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder.
Kramp-Karrenbauer ging zunehmend glücklos vor. Nachdem sie versichert hatte, alle Kraft der Partei zu widmen, überraschte sie im Sommer vorigen Jahres viele mit der Ankündigung, Verteidigungsministerin zu werden. Sie erhielt zwar durchaus Zuspruch in der Bundeswehr. Allerdings hatte sie sich damit sichtbar der Kanzlerin untergeordnet. Für eine Nachfolgerin mit dem Anspruch, den Kurs der CDU zu ändern, war das nicht förderlich.
Ungeschickter Umgang mit Rezo
Ungeschicklichkeiten kamen hinzu wie der Umgang mit dem sehr CDU-kritischen Video des Youtubers Rezo. Die Neuordnung der Parteizentrale schleppte sich dahin und erhielt einen Rückschlag mit dem Wechsel ihrer Chefin ins Verteidigungsministerium. In den Umfragen sank die CDU, in Ostdeutschland ging von drei Landtagswahlen nur die in Sachsen glimpflich für die Partei aus. Kramp-Karrenbauers Beliebtheitswerte sind seit langem schlecht. Merkel ist nach wie vor ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Der Eindruck, dass die Vorsitzende es nicht könne, verfestigte sich.
Thüringen brachte das Fass zum Überlaufen. Erst verstellte Kramp-Karrenbauer der dortigen CDU den Weg nach links. Dann scheiterte sie daran, den Weg nach rechts zuzumachen. Das Ergebnis ist bekannt. Die CDU beteiligte sich daran, den FDP-Politiker Thomas Kemmerich mithilfe der AfD zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Das dürfte für Merkel das ultimative Warnsignal gewesen sein, dass ihr Erbe – harte Kante nach rechts – in Gefahr war. Sie schaltete sich von Südafrika aus in die Thüringen-Debatte ein. Das bedeutete den Autoritätsverlust für Kramp-Karrenbauer. Am Montag zog sie die Reißleine. Aus der CDU-Führung wurde berichtet, Merkel bedauere das sehr.