Korruption und Manipulation : Der Asylskandal am Bamf weitet sich aus
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Die Zentrale des Bamf in Nürnberg. Bild: Maximilian von Lachner
Die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge soll zahllose Asylbescheide manipuliert haben. Nun stellt sich heraus: Die Beamtin stand schon deutlich früher unter Verdacht als bisher bekannt.
Der Manipulationsskandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wirft weitere Fragen auf. So war die ehemalige Leiterin der Bamf-Außenstelle in Bremen, die zahllose Asylbescheide manipuliert haben soll, deutlich früher unter Verdacht geraten als bisher bekannt. Nach F.A.Z.-Informationen hat es schon im Januar 2016 Auffälligkeiten gegeben, die zur Einleitung eines ersten Disziplinarverfahrens gegen die damalige Leiterin führten. Der Vorgang zog sich allerdings so lange hin, dass die Frau weiterhin zugunsten von Jesiden in Asylverfahren eingreifen konnte. In einem Fall aus Niedersachsen verhinderte die Mitarbeiterin noch im Juli 2016 von Bremen aus kurzfristig Abschiebungen. Unmittelbar darauf verlor sie ihre Position als Außenstellenleiterin. Die Mitarbeiterin blieb aber weiterhin in der Außenstelle tätig, und zwar im Bereich Qualitätsmanagement.
Zu den Ermittlungen gegen die Frau hat dann erst ein Hinweis der Ausländerbehörde Gießen im Oktober 2017 geführt, die in zwei Fällen den Verdacht schöpfte, dass Asylbescheide gefälscht sein könnten, die von der Mitarbeiterin unterzeichnet worden waren. In der vergangenen Woche hatte es dann Durchsuchungen bei der Frau sowie drei Rechtsanwälten gegeben, die mit ihr zusammengearbeitet haben sollen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, die Beschuldigten stünden im Verdacht, etwa 1200 Asylverfahren manipuliert zu haben, von denen eigentlich nur knapp hundert in die Zuständigkeit der Bremer Außenstelle gefallen wären.
In eine Vielzahl von Fällen eingebunden
Die genaue Zahl der manipulierten Fälle blieb auch bei der Unterrichtung des Innenausschusses des Bundestags durch Bamf-Präsidentin Jutta Cordt am Mittwoch weiter offen. Wie diese Zeitung von Teilnehmern der Sitzung erfuhr, werden derzeit etwa 4500 Asylfälle untersucht, in denen die beschuldigten Rechtsanwälte tätig geworden sind. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass auch noch weitere Mitarbeiter des Bamf in den Fall verwickelt sind. Bisher wird nur gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle ermittelt. In der Sitzung des Innenausschusses war jedoch die Rede davon, dass weitere Mitarbeiter der Außenstelle in eine Vielzahl von Fällen und in die subversiven Strukturen eingebunden gewesen sein könnten. Die Staatsanwaltschaft soll in ihren Ermittlungen elf Mitarbeiter der Außenstelle zu den Vorgängen befragen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium Stephan Mayer (CSU) kündigte im Innenausschuss als Konsequenz aus dem Bremer Fall an, dass Zehntausende positiv beschiedene Asylverfahren noch einmal überprüft werden. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) wies unterdessen die Kritik der Bremer Opposition zurück, dass er angesichts der überdurchschnittlich hohen Anerkennungsquoten von Asylbewerbern in seinem Bundesland schon viel früher hätte hellhörig werden müssen. Der Innensenator sagte dazu, für Asylverfahren sei allein die Bundesbehörde Bamf verantwortlich. Er kritisierte zudem, dass er über die Ablösung der Leiterin der Bremer Außenstelle nicht informiert worden sei. Die Kommunikation sei „unterirdisch“ gewesen, klagte Mäurer.