
Demonstration in Dresden : Ernst nehmen
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In der Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Pegida“ wirken alte Reflexe kontraproduktiv. Viel wirksamer wäre eine entschiedenere Einwanderungspolitik, die sich an den Interessen Deutschlands orientiert. Ein Kommentar.
Dämonisieren oder debattieren? Die Parteien der großen Koalition sind sich noch nicht einig, wie sie mit dem Phänomen „Pegida“ umgehen sollen. Früher hätten vor allem die Linken schlicht die Nazi-Keule herausgeholt und sie so lange geschwungen, bis auch die Union den Kopf eingezogen hätte wie eine Schildkröte. Das hat jahrzehntelang so gut funktioniert, dass immer noch mancher Sozialdemokrat reflexhaft zu dieser Waffe greift. Doch scheint ihr Einsatz inzwischen kontraproduktiv zu wirken. Der Protest auf den Straßen richtet sich auch dagegen, in die „rechte Ecke“ gedrängt zu werden. Selbst nach Berlin ist inzwischen die Kunde gedrungen, dass in Dresden und anderen Städten nicht nur Rechtsradikale und von ihnen leicht Verführbare unterwegs sind.
Wie aber soll man Bürger, die unter „Entheimatungsängsten“ (Thierse) leiden und die sich mit einigem Recht vor dem islamistischen Terror fürchten, davon abhalten, gemeinsame Sache mit den Rattenfängern zu machen? Das Geschehen zu einer „Schande für Deutschland“ zu erklären, wie es Bundesjustizminister Maas (SPD) tut, wird eher noch das Ressentiment gegen das politische Establishment schüren, das auch in diesen Protestzügen mitmarschiert. Der Vorschlag der CSU, die Sorgen der vielen gemäßigten Demonstranten ernst zu nehmen, klingt da schon viel besser, ist aber bei weitem nicht so leicht auszuführen wie die pauschale, politisch aber weitgehend wirkungslose Verdammung des Protests. Auch das übliche „Wir müssen das den Leuten besser erklären“ wird nicht genügen, obwohl auch auf diesem Feld noch viel getan und erreicht werden kann, wenn man nicht jeden, der die Burka in Deutschland ablehnt, als Ausländerfeind abstempelt.
Wirklich „ernst nehmen“ heißt, die Proteste nicht nur für einen vorübergehenden Vorweihnachtsspuk zu halten, sondern eine Einwanderungspolitik zu verfolgen, deren Regeln – wie in den klassischen Einwanderungsstaaten – sich strikt an den Interessen des eigenen Landes orientieren. Auch in Deutschland ist es nicht falsch, von Einwanderern den Willen zur und das Interesse an Integration zu verlangen. Tatsächliche Ausländerfeinde überzeugt man zwar selbst mit einer solchen entschiedeneren Politik nicht. Aber man schnitte jene Brunnenvergifter von der Unterstützung aus der Mitte der Gesellschaft ab, die aus der Unzufriedenheit über die bestehenden Verhältnisse auf radikale Weise Kapital schlagen wollen.
