David McAllister : Unten durch
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Von Freundschaft mit seinem Vorgänger will er nicht sprechen: David McAllister, niedersächsischer Ministerpräsident Bild: dpa
Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister will nicht wie sein Vorgänger sein. Er mache lieber Urlaub an der Nordsee als auf Ibiza, sagt er. Er habe eine Allergie gegen rote Teppiche. Und doch holt Wulff ihn überall ein.
Achtundzwanzig Minuten hat der Jahresausblick gedauert. David McAllister legt zufrieden die Armbanduhr um. Gleich dürfen ihm die Mitglieder der Landespressekonferenz Fragen stellen zum Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven oder zum Studiengang islamische Theologie in Osnabrück. Vorher sagt der niedersächsische Ministerpräsident noch, er würde sich wünschen, dass „wir uns auch 2012 gegenseitig kritisch begleiten“. Gegenseitig? Er stockt kurz, korrigiert sich: „Natürlich Sie mich“. Es lässt sich hier, im Restaurant des Landtags, fast kein Satz mehr sprechen, der nicht irgendwie schräg klingt. Manche Kollegen hätten ja auch gar keine Mailbox, fügt McAllister noch schnell hinzu. Die Kollegen lachen.
Aber dann stellen sie Fragen. Es geht nicht um Containerterminals oder Integrationspolitik, sondern allein um eines, um einen: Christian Wulff. Hat er als Ministerpräsident von Niedersachsen das Parlament getäuscht? Wann wird die Landesregierung die hundertsechzig Fragen der Opposition dazu beantworten? Und überhaupt, was sagt David McAllister zu der Affäre, der Nachfolger und „Ziehsohn“ Wulffs? Der Vierzigjährige kann locker und witzig sein, aber jetzt zieht er die Augenbrauen zusammen und fixiert den Fußboden. Er verspricht volle Transparenz, genaue Aufklärung und das so schnell wie möglich. Schon zur nächsten Landtagssitzung in der bevorstehenden Woche sollen die Fragenkataloge beantwortet sein. McAllister könnte es dabei belassen, aber er schießt einige Pfeile ab. „Mich lädt niemand nach Ibiza ein. Und ich mache sowieso lieber Urlaub an der Nordsee im Strandkorb in Cuxhaven“, frotzelt er. Von Freundschaft mit seinem Vorgänger will er nicht sprechen: „Christian Wulff war für mich Förderer, Kollege, Vorgesetzter.“ Und dann sagt er noch, er habe „eine Allergie gegen rote Teppiche“.
Nachrücken in Wulffs Positionen
Nachdem die Journalisten abgezogen sind, raucht McAllister eine Zigarette am Hintereingang des Landtagsrestaurants. Er ahnt, was ihm blüht in den folgenden Tagen, womöglich Wochen. Nicht das „Jahr der Sachpolitik“, das er eben ausgerufen hat, sondern vorgezogener Wahlkampf. SPD und Grüne wittern die Chance, die Regierung zu stellen. Sie sprechen vom „System Wulff“, das immer noch intakt sei. Vor allem der „Club 2013“ ist ins Gerede gekommen, ein Zusammenschluss von Unternehmern und Privatpersonen, den Wulff einst ins Leben rief, um Spenden für den nächsten Landtagswahlkampf zu sammeln. Kommen Politik und Wirtschaft einander zu nahe? „Wenn ich da hingehe, dann ist das dienstlich. Ich gebe auch keine exklusiven Informationen der Landesregierung weiter“, rechtfertigt sich McAllister. Für ihn sei das vergleichbar mit einer Einladung der IHK. Im Übrigen seien ihm „hundert Spenden à tausend Euro lieber als eine Spende von 100.000 Euro“.
In ruhigeren Minuten macht sich auch McAllister so seine Gedanken über den Mann, ohne den er heute nicht in der Staatskanzlei säße. Im Wahlkampf 1994 schuftete er als Student für den Oppositionsführer aus Osnabrück. Mit seinem Privatwagen karrte er Annette Schavan durch Niedersachsen, die als Bildungsministerin auserkoren war. Daraus wurde nichts, Gerhard Schröder gewann die Wahl. Im Sommer 2002, als Wulff seinen dritten Anlauf nahm, machte er den jungen Landtagsabgeordneten mit schottischen Wurzeln zu seinem Generalsekretär. Der Sieg 2003 wurde auch McAllister zugeschrieben, der von da an in Wulffs Positionen nachrückte: erst als Fraktionschef, dann als Parteivorsitzender, schließlich im Juli 2010 als Ministerpräsident.