Ahmadiyya-Muslime : Bei Maliks hinterm Sofa
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Immer freitags wird das Wohnzimmer der Maliks zum Gebetsraum. Der Kalif der Glaubensgemeinschaft ist auch dabei, wenn auch nur im Fernseher. Bild: Roger Hagmann
In Thüringen macht die AfD seit Wochen Stimmung gegen Ahmadiyya-Muslime. Familie Malik erlebt seither immer öfter Anfeindungen.
Björn Höcke handelt aus Liebe. Aus Liebe zu Erfurt, Thüringen und Deutschland. Das bekennt der Thüringer AfD-Vorsitzende zumindest seinen Anhängern auf dem Erfurter Domplatz. Den Islam vermisst er dort nicht. Victor Orbán habe gesagt, der Islam habe seine Heimat in einer anderen Welt. Diese Heimat heiße nicht Erfurt, nicht Thüringen und nicht Deutschland.
Doch genau hier in Erfurt haben Muslime eine Heimat gefunden. Die Maliks zum Beispiel. An jedem Freitag rücken sie die Möbel. Und das seit siebzehn Jahren schon. Denn freitags wird ihre Wohnung im Erfurter Norden zum Gebetsraum für die Thüringer Ahmadiyya-Gemeinde, eine kleine, aber weltumspannende muslimische Glaubensgemeinschaft, die ihren Ursprung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Pakistan hat.
Dort stammt auch Familie Malik her. Der Vater, Ibrahim Malik, kam nach dem Mauerfall nach Erfurt, um der Verfolgung in seiner Heimat zu entgehen, denn die muslimische Glaubensrichtung ist in dem islamischen Land für nichtislamisch erklärt worden. Ihre Angehörigen gelten als Häretiker und werden verfolgt. Erst vor wenigen Tagen erreichte den Sohn der Familie, Suleman Malik, die Nachricht vom Attentat auf den Vater eines Freundes.
Verbreitung durch Überzeugung und friedliche Mittel
Die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft betonen ihre Friedfertigkeit. Sie bringen sich ehrenamtlich ins örtliche Leben ein, helfen in der Thüringer Flüchtlingsarbeit, mobilisieren Ärzte. Der Thüringer Verfassungsschutz sieht keinen Anhaltspunkt für eine extremistisch-islamistische Ausrichtung der Glaubensgemeinschaft. Daher werde sie auch nicht beobachtet, heißt es im Thüringer Innenministerium. Kritiker der Glaubensgemeinschaft stellen hingegen deren Friedfertigkeit in Frage. Sie berufen sich häufig auf Sabatina James und deren Buch „Scharia in Deutschland“. James ist eine zum katholischen Glauben konvertierte Tochter muslimischer Eltern aus Pakistan, die als Kind nach Österreich kam. Mit siebzehn Jahren wurde sie in Pakistan zwangsverheiratet und floh zurück nach Europa, wo sie sich seither als Autorin und Menschenrechtsaktivistin mit dem Islam auseinandersetzt.
Der Ahmadiyya-Gemeinde wird zum Beispiel unter Berufung auf die Autorin vorgehalten, ihr Gründer habe sich vom „Endsieg“ des Islams durch Ahmadiyya überzeugt gezeigt. Ein Sprecher der Glaubensgemeinschaft, Mohammad Dawood Majoka, antwortete dieser Zeitung darauf, dass der Gründer prophezeit habe, dass sich die Gemeinde innerhalb von 300 Jahren auf der ganzen Welt verbreitet haben und die größte Religionsgemeinschaft in der Welt sein werde. Das sei jedoch eine Prophezeiung. Zudem solle die Religion „mit Überzeugung und friedlichen Mitteln“ verbreitet werden. Die Worte „Es wird nur eine Religion geben“ seien als „sehr große Mehrheit“ zu interpretieren, denn „Prophezeiungen haben ihren eigenen Sprachstil“.