https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/coronavirus-rki-fordert-impfquote-von-mindestens-85-prozent-17423762.html

Gegen die vierte Welle : Fachleute fordern Impfquote von mindestens 85 Prozent

Wettlauf gegen die vierte Welle: Laut RKI müssen in der Gruppe der zwölf bis 59 Jahre alten Menschen mindestens 85 Prozent geimpft sein. Bild: dpa

Laut RKI müssen sich noch viel mehr Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen als derzeit schon geschützt sind. Das Institut fordert eine Impfquote von mindestens 85 Prozent – und selbst dann könnten noch zusätzliche Abstandsregeln nötig sein.

          2 Min.

          Die Zahl der Menschen, die sich in Deutschland gegen das Coronavirus impfen lassen, steigt jeden Tag. Im vergangenen Monat wurden pro Tag im Mittel 770.000 Spritzen gesetzt, Erst- und Zweitimpfungen zusammengenommen. Doch angesichts jüngster Schätzungen von Fachleuten genügt das noch lange nicht, um eine mögliche vierte Welle der Infektionen im Herbst zu verhindern.

          Kim Björn Becker
          Redakteur in der Politik.

          Bei Jugendlichen und Erwachsenen von zwölf bis 59 hält das Robert Koch-Institut (RKI) eine Impfquote von 85 Prozent für „notwendig und auch erreichbar“, wie das RKI in einem Rundschreiben mitteilt. Das Papier ist auf der Internetseite des Instituts abrufbar. Grundlage der errechneten Zielimpfquote seien mathematische Modellierungen und die vorliegenden Umfrageergebnisse zur Impfakzeptanz. Bei der Altersgruppe der Bürger, die 60 Jahre und älter sind, müssen sich demnach anteilig noch mehr Menschen gegen das Coronavirus schützen lassen. Bei ihnen hält das RKI eine Impfquote von 90 Prozent für nötig. Wenn diese Impfquoten rechtzeitig erreicht würden „scheint eine ausgeprägte 4. Welle im kommenden Herbst/Winter unwahrscheinlich“, heißt es in dem Papier.

          Das gilt allerdings unter Vorbehalt. Nach Darstellung der Fachleute reichen diese Impfquoten nur dann aus, wenn sich die Bürger zusätzlich weiterhin an die grundlegenden Hygienemaßnahmen halten. Zudem gelten die Quoten unter der Annahme, dass „bei möglicherweise wieder ansteigenden Infektionszahlen Kontakte zu einem gewissen Grad reduziert“ werden, wie es heißt.

          Der entscheidende Faktor ist dabei die Zeit. Fachleute schätzen, dass die ansteckendere Delta-Variante noch in diesem Monat zur dominanten Mutante in Deutschland wird. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums haben derzeit, also bis einschließlich Sonntag, knapp 57 Prozent der Bürger mindestens eine Impfung erhalten. Vollständig geschützt sind 39 Prozent. Bis die Impfquote von 85 Prozent in allen Altersgruppen erreicht ist, müssen bundesweit noch 36,2 Millionen Erstimpfungen und 50,9 Millionen Zweitimpfungen verabreicht werden.

          Ausgehend von der mittleren Impfgeschwindigkeit des vergangenen Monats, also von Anfang Juni bis Anfang Juli, wäre das Ziel bei den Zweitimpfungen rechnerisch in 111 Tagen erreicht. Bis auch die letzten Personen, die zur Erfüllung der Quote geimpft werden müssen, ihren vollständigen Schutz haben, vergehen nach der letzten Impfung weitere zwei Wochen. Diese Bürger wären also erst zum Ende der ersten Novemberwoche weitgehend vor dem Virus geschützt.

          Ob sich am Ende überhaupt so viele Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen wollen, ist offen. Fachleute sorgen sich bereits heute darum, wie hohe Impfquoten möglichst schnell erreicht werden können – die Zeit der Impfstoffknappheit dürfte inzwischen in den meisten Regionen vorüber sein. Um die Impfbereitschaft zu erhöhen, sollen nach Auffassung von Andreas Gassen, dem Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, im September alle Corona-Einschränkungen für vollständig Geimpfte aufgehoben werden. Spätestens dann sei eine Impfung für jeden möglich, der sie wolle. „Dann müssen eigentlich nahezu alle Corona-Maßnahmen weg“, sagte Gassen der Bild-Zeitung. Andernfalls würden sich die Menschen fragen, warum sie sich impfen lassen sollen, wenn sie ohnehin Maske tragen müssen.

          Weitere Themen

          UN kürzt Essensrationen für Rohingya

          Acht Dollar im Monat : UN kürzt Essensrationen für Rohingya

          Obwohl schon jetzt viele Kinder unterernährt sind, gibt es ab Juni noch weniger für die Flüchtlinge in Bangladesch. Die Lücke in der Finanzierung sei „skandalös“, sagt der UN-Sonderberichterstatter.

          Topmeldungen

          Spezialisten untersuchen die von einer Drohne beschädigte Fassade eines Wohnblocks in Moskau

          Drohnen über Moskau : Ein Zeichen der Schwäche

          Die Drohnenangriffe auf Moskau richten vor allem politischen Schaden für die russischen Machthaber an. Ihrer Reaktion ist Ratlosigkeit anzumerken.
          Yvonne H. und ihr Mann auf dem Flughafen von Vilnius mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

          Steinmeier in Litauen : Familienausflug an die NATO-Ostflanke

          Das gab’s noch nie: Der Bundespräsident nimmt zum Truppenbesuch Eltern, Partner und Kinder von Soldaten mit nach Litauen. Seinem Kollegen Nauseda übergibt er ein jahrhundertealtes Dokument.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.