Bedrohlicher Zustand: Der erste nachweislich Infizierte in Nordrhein-Westfalen wurde Dienstagabend in die Düsseldorfer Uniklinik eingeliefert. Bild: dpa
Wie bedrohlich ist die Situation rund um das Coronavirus in Deutschland? Nach neuen Fällen überarbeiten die Behörden nun ihre Notfallpläne. Und eine Ärztin kritisiert das Gesundheitsamt.
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Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) ist ein besonnener Mann. Um nicht unnötig Zeit zu verlieren, wandte sich der Kommunalpolitiker in einem auf Facebook und der Internetseite seiner Behörde veröffentlichten Video am Mittwochmorgen mit einer ernsten Botschaft an die Einwohner seines bei Aachen gelegenen Landkreises. Wenige Stunden zuvor war das Coronavirus bei einem 47 Jahre alten Mann und seiner 46 Jahre alten Ehefrau aus dem Kreis Heinsberg diagnostiziert worden. Es ist das erste Mal, dass das Virus in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen wurde – und gleich handelt es sich um einen besonders anspruchsvollen Fall. Denn das Ehepaar hatte zunächst nichts von der Infektion gemerkt und in den vergangenen Tagen voll „am gesellschaftlichen Leben“ teilgenommen, wie Pusch es formuliert. Konkret heißt das: Die Frau, die als Erzieherin in einem Kindergarten arbeitet, hatte mit zahlreichen Jungen und Mädchen Kontakt, gemeinsam nahmen die Eheleute an einer Karnevalssitzung in ihrem Heimatdorf Gangelt teil und waren zudem auch noch zu einem Kurzurlaub in den benachbarten Niederlanden. Als das Paar erste Krankheitssymptome wahrnahm, besuchten es mehrere Arztpraxen und Kliniken. Der Kreis der Menschen, die sich angesteckt haben könnten, ist groß – auch wenn es bisher keine Hinweise auf weitere Corona-Fälle in der Gegend gibt.
Als am Dienstag die Laborergebnisse Klarheit gebracht hatten, berief Pusch umgehend den Krisenstab des Landkreises ein. In dem Gremium sitzen Fachleute vom Gesundheitsamt, von Polizei, Feuerwehr und den Krankenhäusern sowie Mitarbeiter aus der Kreisverwaltung. Der Stab entschied sich für drastische Sofortmaßnahmen: Am Mittwoch blieben vorsorglich sämtliche Schulen und Kindergärten im Kreis geschlossen, um der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken. Für alle Personen, die mit dem Paar Kontakt hatten, gilt für die kommenden 14 Tage die sogenannte häusliche Quarantäne. Betroffen sind davon nicht nur die beiden Kinder des Paares, die von ihrer Großmutter betreut werden, sondern auch die Jungen und Mädchen aus der Kindergartengruppe der 46 Jahre alten Frau. Die beiden Arztpraxen, die das Paar aufgesucht hatten, wurden vorsorglich geschlossen. „Ich denke, die Situation erfordert von uns allen ein bisschen Disziplin, aber wir sollten auch nicht in Panik verfallen“, sagte der Landrat in seiner Videobotschaft.
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