Frau Diehm macht Schluss
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Hoch spezialisierte Arbeit: Krankenpflegerin mit Corona-Patienten auf der Intensivstation des Frankfurter Universitätsklinikums Bild: Lucas Bäuml
Viele Pfleger auf Intensivstationen sind nach knapp zwei Jahren Pandemie am Ende. Auch weil Ärzte oft nicht auf sie hören. Eine Krankenschwester erzählt, warum sie im Krankenhaus gekündigt hat.
Es ist ja nicht so, dass Jessica Diehm es nicht versucht hätte. Dass sie sich nicht bemüht hat, damit klarzukommen; nichts geändert hat, bevor sie den Schlussstrich zog. Diehm ist 42 Jahre alt, sie arbeitet als Krankenpflegerin auf der Intensivstation eines Krankenhauses irgendwo in Bayern. Dass die Corona-Pandemie bislang beherrschbar geblieben ist, liegt an Menschen wie ihr. Etwa 4900 Covid-19-Kranke werden derzeit auf den Intensivstationen der deutschen Krankenhäuser behandelt, fast so viele wie auf dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie vor einem Jahr. Doch bald muss es in dem Krankenhaus in Bayern ohne die erfahrene Fachfrau gehen, die auf ihrer Station jede Schublade kennt und jeden Knopf an den Geräten. Drei Monate steht sie noch auf dem Gehaltszettel des Klinikums. Danach ist Schluss, die Kündigung schon eingereicht. Jessica Diehm macht Schluss. Sie wollte es so.
Diehm ist nicht die einzige Intensivpflegerin, die in der Corona-Krise das Klinikum verlässt. „Wir waren zu Beginn der Pandemie etwa sieben Vollzeitkräfte mehr als jetzt“, sagt sie. Einige Kollegen hätten einfach nur ihre Arbeitszeit verringert. Andere seien traumatisiert, die Bilder der Covid-19-Kranken, die an ihren vernarbten Lungen ersticken, gingen ihnen nicht mehr aus dem Kopf. „Viele Kollegen sind in Stabsstellen abgewandert und kümmern sich jetzt zum Beispiel um Hygiene, andere haben angefangen zu studieren“, sagt Diehm. Die Intensivstation in ihrem Krankenhaus ist für 16 Patienten gebaut. Sechs Betten müssen derzeit leer bleiben, weil es an Personal fehlt. Intensivpflege ist aufwendig, ein Pfleger soll sich nie um mehr als zwei Patienten gleichzeitig kümmern. Fachleute halten gar eine Eins-zu-eins-Betreuung für ideal. Leisten können das laut einer Umfrage aber nur etwa ein bis zwei Prozent der Kliniken.
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