Steigende Infektionszahlen : Kretschmer warnt vor „gigantischer dritter Corona-Welle“
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Warnt vor einer „gigantischen“ dritten Pandemiewelle: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, hier Anfang März bei einer Pressekonferenz in Dresden Bild: dpa
„Es kann jetzt keine weiteren Öffnungen geben“, sagte Sachsens Ministerpräsident der F.A.Z. In Brandenburg droht Ministerpräsident Woidke den Landkreisen einzuschreiten, wenn sie bei einer Inzidenz ab 100 keine Maßnahmen ergreifen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat angesichts wieder steigender Infektionszahlen vor weiteren Lockerungen gewarnt. „Es kann jetzt keine weiteren Öffnungen geben“, sagte der CDU-Politiker der F.A.Z. „Anderenfalls werden wir eine gigantische dritte Welle erleben.“ Jeder könne heute sehen, dass der Anfang März eingeschlagene Weg gescheitert sei. „Es ist nichts besser geworden.“
Bereits vor den Öffnungen habe man wegen Virus-Mutationen mit steigenden Zahlen gerechnet. Jetzt stiegen die Infektionszahlen noch schneller, sagte Kretschmer. Es bringe daher nichts, neue Grenzwerte zu fordern oder andere Kriterien einführen zu wollen. Die Inzidenz von 100 Neuinfektionen binnen sieben Tagen müsse der Maßstab bleiben. Er habe viel Verständnis für Ungeduld in der Bevölkerung und in der Wirtschaft. „Aber wir können dem Virus nicht unseren Willen aufzwingen.“
Kretschmer für umfassendes Testregime
Zugleich plädierte Kretschmer für ein umfassendes Testregime als unabdingbare Voraussetzung für künftige Öffnungen. Dazu zählten sowohl Schnelltests als auch die konsequente Nutzung von Apps zur Kontaktnachverfolgung.
Kretschmer hatte am Dienstagabend in einer Online-Diskussion gefordert, den Öffnungs-Versuch abzubrechen. Das heiße nicht, jetzt sofort alles anzuhalten, sagte er am Mittwoch. Man müsse aber der Realität ins Auge blicken und versuchen, wieder vor die Lage zu kommen. Die Zahl der Neuinfektionen sei eine Art Früherkennungssystem für die Krankenhausbelegung, und bereits jetzt füllten sich die Kliniken abermals mit Covid-19-Patienten.
„Wenn die Krankenhäuser erst wieder voll sind, ist die Notlage andauernd“, warnte Kretschmer, der in Sachsen im Dezember und Januar erlebt hat, wie mehrere Kliniken angesichts hoher Patientenzahlen und wegen erkrankten oder sich in Quarantäne befindlichen Personals an den Rand des Zusammenbruchs gelangt waren.
Darüber hinaus nahm Kretschmer Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Schutz für seine Entscheidung, Impfungen mit dem Impfstoff des Herstellers Astra-Zeneca vorerst auszusetzen. „Sicherheit geht vor“, sagte Kretschmer. „Es muss genauso gemacht werden, auch wenn es dann mal eine Woche länger dauert.“ Ein Skandal wäre es dagegen, Impfstoffe überstürzt und per Notzulassung in Verkehr zu bringen und sich dann mit etwaigen Komplikationen auseinandersetzen zu müssen.
In Brandenburg drohte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) den Landkreisen mit einem Eingreifen, wenn sie bei einer Sieben-Tage-Inzidenz ab 100 Neuinfektionen keine Corona-Schutzmaßnahmen ergreifen. „Ich erwarte, dass die Landräte ihre Verantwortung wahrnehmen“, sagte Woidke am Mittwoch der ARD, sonst werde „das Land handeln“.
Auf Drängen der SPD hatte die Kenia-Koalition in Potsdam allerdings zuvor die Notbremse bei 100 Neuinfektionen nicht mehr festgeschrieben. Die Landkreise sollen zwar beim Überschreiten der Marke zusätzliche Maßnahmen anordnen. Doch erst ab dem Wert 200 müssen sie Lockerungen zurücknehmen. Mittlerweile liegt der Inzidenzwert in Brandenburg in vier Landkreisen sowie in Cottbus über 100, landesweit lag der Wert bei 89.