Hat sich das Saarland verzockt?
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Außengastronomie geöffnet: Gäste in der Saarbrücker Kneipe „Glühwürmchen“ Anfang April Bild: dpa
Die Landesregierung hält trotz steigender Infektionszahlen an Lockerungen fest. „Unser Saarland-Modell wirkt“, sagt Ministerpräsident Tobias Hans. Wissenschaftler kritisieren das hinter vorgehaltener Hand als „Irrsinn“.
In den sozialen Netzwerken gibt es Videos, die an Ischgl erinnern, aber vor kurzem im Saarland aufgenommen wurden: Junge Leute grölen und trinken in von Heizpilzen erwärmten Außenbereichen von Kneipen. Das tun sie keineswegs illegal. Mitten in Zeiten eines starken Wachstums der Infektionszahlen hatte das Saarland Ende März Öffnungen beschlossen – und damit bundesweit Aufmerksamkeit erregt: Seit Ostern sind private Treffen im Freien mit zehn Menschen erlaubt, zudem kontaktloser Sport drinnen, Kontaktsport draußen, auch Kinos und Theater sowie die Außengastronomie öffneten. Voraussetzung: die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln sowie aktuelle negative Tests. Wobei selbst da Ausnahmen gemacht wurden, so dürfen sich in der Außengastronomie bis zu fünf Personen ohne Tests treffen.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und dessen Stellvertreterin, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), hatten bei der Bekanntgabe der Lockerungen versucht, Optimismus zu verbreiten. Rehlinger sprach gar von einem „Frühlingserwachen“. Hans sagte, sein kleines Bundesland habe sich von den stark steigenden Infektionszahlen „abkoppeln“ können, und verwies auf die „hervorragende“ Testinfrastruktur. So begründet, wandte seine Landesregierung die von der Ministerpräsidentenkonferenz eigentlich für kleinere Maßstäbe beschlossene Möglichkeit, „Modellversuche“ einzuführen, auf das Land insgesamt an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte danach, dafür sei nicht der richtige Zeitpunkt, die Infektionszahlen im Saarland seien nicht stabil genug. Sie sollte recht behalten. Die Inzidenz stieg auch im Saarland deutlich, von etwa 70 Ende März auf nun rund 130. Zudem droht auch hier eine Überlastung der Intensivstationen.
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