
Lehrer werden vorgezogen : Impfen auf der Überholspur
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Da ist Deutschland noch weit von entfernt: Impfen bei Ikea (in Israel). Bild: dpa
Oberstes Ziel sollte in der Pandemie nicht die Einhaltung eines Plans sein, sondern möglichst schnelles und unbürokratisches Impfen einer möglichst großen Zahl.
Das hätte man sich früher überlegen können: Da seit einem Jahr feststeht, dass Schulen und Kitas die Letzten sein sollen, die schließen, und die Ersten, die öffnen, hätte es nahegelegen, Lehrer und Erzieher beim Impfen stärker zu bevorzugen. Die Korrektur der Priorisierung fällt jetzt leicht, da es einen Impfstoff gibt, Astra-Zeneca, der für Senioren nicht in Frage kommt und der obendrein die Kühlschränke füllt, weil Deutschland das Land der schnäkigen Impflinge ist.
Mit Astra-Zeneca auf der Überholspur heißt aber auch, dass andere Gruppen später ans Ziel kommen. Die Polizei ist die erste Gruppe, die protestiert und zu Recht fragt, warum sie weniger gefährdet sein solle als die der Lehrer. Andere werden folgen.
Was von der Priorisierung übrig bleibt, wenn die Impfstoffe erst einmal nach Deutschland sprudeln, ist aber ohnehin fraglich. Schon jetzt warten Neunzigjährige noch immer auf ihren Termin, während andernorts bald die Siebzigjährigen an der Reihe sind. Und schon jetzt wird vorgezogen, wer einen guten Draht hat und den Impfteams aus der Verlegenheit hilft, überzählige Impfdosen irgendwie verimpfen zu müssen.
Je mehr Impfstoff es gibt, desto häufiger wird das vorkommen und desto flexibler sollte reagiert werden. Es ist richtig, auf Gerechtigkeit zu achten. Oberstes Ziel sollte in der Pandemie aber nicht die Einhaltung eines Plans sein, sondern möglichst schnelles und unbürokratisches Impfen einer möglichst großen Zahl.
Zum „Konzept aus einem Guss“, in dem Olaf Scholz Testen, Impfen und Öffnen miteinander verbunden sehen will, geht es hingegen weiter mit Schrittgeschwindigkeit. Jens Spahn hatte für den 1. März eine flächendeckende Versorgung mit kostenlosen Tests angekündigt. Scholz hob den Daumen. Nun soll doch wieder alles anders kommen.
Das spricht nicht dafür, dass die linke Hand in Berlin weiß, was die rechte tut. Es gibt also viel zu tun für die Arbeitsgruppe um den Kanzleramtschef, die sich bis nächste Woche eine Öffnungsstrategie ausdenken soll. Eine Regierung, die auf der Überholspur ist, hätte das wohl längst geklärt.
