Ampel-Reform : Wer einen Impfpass fälscht, macht sich künftig strafbar
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Die Apothekerin Dr. Eva-Maria Miserre am 14. Juni 2021 mit einem Kunden in der Schiller Apotheke in Frankfurt. Bild: Nerea Lakuntza
Das Strafrecht war auf einige Rechtsfragen der Pandemie nicht eingestellt. Das will die Ampel nun ändern – und Fälschern das Handwerk legen.
Die Fälschung von Impfpässen hat Konjunktur. Für 150 Euro kann man das Dokument mit Stempel und Unterschrift im Internet kaufen. Für Impfverweigerer wird dieser Weg umso verlockender, je mehr Bundesländer sich für die 2-G-Regel entscheiden. Und zuletzt war nicht einmal ganz klar, ob sie sich dabei strafbar machen.
Das Landgericht Osnabrück hatte Anfang November eine Strafbarkeitslücke im Gesetz gefunden. Wer in einer Apotheke einen gefälschten Impfausweis vorlegt, um ein digitales Impfzertifikat zu bekommen, mache sich nach der derzeitigen Rechtslage nicht strafbar, argumentierten die Richter. Erschwerend kommt hinzu: Nach der Digitalisierung gibt es keine Möglichkeit mehr zu prüfen, ob der Impfpass gefälscht ist.
Die niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften widersprachen zwar der Osnabrücker Strafkammer, auch andere Gerichte beurteilten die Rechtslage anders, aber Unionspolitiker drängelten als erste, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Nachdem das Bundesjustizministerium lediglich mitteilte, die Frage zu prüfen, haben sich die Ampel-Parteien nun darauf verständigt, das Strafgesetzbuch nachzubessern. Die Änderungen sind Teil des Gesetzentwurfs zum Infektionsschutzgesetz, über das der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beraten wird.
Sind Impfpässe „Urkunden“?
Rechtlich gesehen, findet sich der interessanteste Punkt in der Gesetzesbegründung. Dort heißt es, dass Gesundheitszeugnisse, also auch Impfpässe, in aller Regel Urkunden seien, sodass der Straftatbestand der Urkundenfälschung zur Anwendung komme, wenn Impfpässe gefälscht werden.
Das Landgericht Osnabrück hatte argumentiert, dass die speziellen Vorschriften über die Fälschung von Gesundheitszeugnissen abschließend seien, sodass der Rückgriff auf die schärfer bestrafte Urkundenfälschung unzulässig sei. Weil aber die Fälschung von Gesundheitszeugnissen bislang nur strafbar ist, wenn sie der Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften dient, war nach Auffassung der Osnabrücker Richter die Vorlage bei einer Apotheke straffrei. Sie ist schließlich keine Behörde.
Die Ampel-Parteien wollen klarstellen, dass diese Argumentation künftig nicht mehr funktioniert. Wer Impfpässe fälscht oder gefälschte Impfpässe gebraucht, soll wegen Urkundenfälschung strafbar sein, es drohen bis zu fünf Jahre Haft. Um eine Fälschung handelt sich auch dann, wenn im Impfpass eine einzelne Impfung bescheinigt wird, die in Wahrheit gar nicht erfolgt ist.
Für die Fälschung von Gesundheitszeugnissen (Paragraph 277) bleibt nach der geplanten Änderung nur noch ein enger Anwendungsbereich: Strafbar macht sich demnach, wer ein solches Dokument unter seinem echten Namen ausstellt und sich dabei als Arzt ausgibt, obwohl er keiner ist.
Dabei handelt es sich um eine sogenannte „schriftliche Lüge“, die nicht unter die Urkundenfälschung fällt, denn hier täuscht der Aussteller des Impfpasses nicht über seine Identität, sondern über seine Qualifikation als Arzt. Die Beschränkung auf die Vorlage bei einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft fällt weg; es genügt die Absicht, den Rechtsverkehr zu täuschen.
Die Ampel-Parteien wollen auch die Ausstellung von Blankett-Impfausweisen explizit unter Strafe stellen. Es ist unklar, ob Impfausweise, die noch keine Angaben zur Person enthalten, Urkunden im Sinne der Urkundenfälschung sind. Blankett-Impfausweise mit falschen Impfeinträgen hätten eine „hohe Gefahrgeneigtheit“, so heißt es in der Gesetzesbegründung, denn das Eintragen des Namens sei nur noch ein minimaler Aufwand. Darauf sollen künftig bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe stehen.