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Corona-Lage in Deutschland : Rasches Boostern könnte die vierte Welle brechen

Auf der Intensivstation im Leipziger Uniklinikum wächst seit Tagen die Zahl der Corona-Erkrankten mit schweren Verläufen. Bild: dpa

Forscher warnen davor, nur auf einzelne Maßnahmen wie das Testen oder 2G und 3G zu setzen. Sie plädieren für flächendeckende Auffrischungsimpfungen. Von einer allgemeinen Impfpflicht raten sie ab.

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          Wenn es Deutschland gelänge, rasch Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus für die Hälfte der Bevölkerung zu organisieren, könnte die vierte Infektionswelle wahrscheinlich noch gebrochen werden. Denn die dritte Impfung bietet nach derzeitigem Stand der Erkenntnis einen deutlich höheren Schutz als die zweite. Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die mehrere Wissenschaftler um die Leiterin des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, Viola Priesemann, erarbeitet haben. Zu den Autoren gehören die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek, die Münchner Virologin Ulrike Protzer, der Soziologe Armin Nassehi und der Erlanger Virologe Klaus Überla, der Mitglied der Ständigen Impfkommission ist, sowie weitere Wissenschaftler.

          Heike Schmoll
          Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

          Eindringlich appellieren sie an Politik und Veranstalter, nicht auf das Testen oder das Impfen allein zu setzen, bevor der Impffortschritt erreicht ist. Auch 2-G- und 3-G-Beschränkungen erscheinen den Wissenschaftlern nicht mehr ausreichend. Zwar kommen dann weniger Infizierte zu einer Veranstaltung; bei Geimpften ist die Inzidenz schließlich gegenwärtig viermal niedriger als bei Ungeimpften. Ein Schnelltest kann darüber hinaus die Hälfte bis drei Viertel der infektiösen Personen entdecken. Warnend hervorgehoben wird in dem Strategiepapier aber, dass der Verzicht auf Masken den Vorteil von 2 G gegenüber 3 G aufheben kann. Werden Geimpfte und Genesene zusätzlich getestet, reduziert sich die Gefahr eines Ausbruchs im Vergleich zu 2 G oder 3 G noch einmal, da dann noch weniger infektiöse Personen eine Veranstaltung besuchen.

          Auf Masken nicht verzichten

          Die Wahrscheinlichkeit, sich in Innenräumen anzustecken, ist ohnehin hoch, durch eine hohe Personendichte oder schlechte Lüftung steigt sie zusätzlich. Das betreffe nicht nur die Innengastronomie oder Diskotheken, „sondern auch das Empfangen von Gästen in privaten Wohnungen, genauso wie Besprechungen und Treffen bei der Arbeit“. Bei Simulationen haben die Forscher herausgefunden, dass ein Selbsttest vor 40 Prozent aller Treffen die derzeitige Infektionsdynamik zumindest stabilisieren könnte, wenn dabei alle Geimpften mitmachten und sich auch alle bei einem positiven Test isolierten.

          Sollte all das nicht zu einer nennenswerten Reduktion der Infektionszahlen führen, müsse es einen „Not-Schutzschalter“ geben, der möglichst viele Maßnahmen bündelt, also kurze, aber strenge Einschränkungen bringt. Dazu gehören aus Sicht der Forscher Homeoffice und engmaschige Testpflichten am Arbeitsplatz, kleinere Gruppen in Kindergärten, Schulen und im Büro, die Schließung von Geschäften, Restaurants, Dienstleistungen und Veranstaltungen sowie eine deutliche Reduktion der Kontakte bei der Arbeit, in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich. „Erreicht man so einen R-Wert von 0,7, dann halbieren sich die Fallzahlen jede Woche.“

          Die Forscher heben noch einmal die entscheidende Rolle von Masken bei der Eindämmung der Ansteckungen mit der gefährlichen Delta-Variante hervor. „Der Fremdschutz ist extrem hoch, da die großen Tropfen in der Maske bleiben und die kleinen Aerosole stark reduziert werden.“ Gleiches gelte für den Eigenschutz des Trägers. Da das Ansteckungsrisiko „im Atem-Jet einer infizierten Person sehr hoch“ sei, könne man sich beim Einatmen in Innenräumen ohne FFP2-Maske schon nach wenigen Minuten anstecken. „Eine Person-zu-Person-Übertragung in nächster Nähe, wenn beide eine FFP2-Maske tragen, ist massiv reduziert im Vergleich zu einer Situation ohne Maske“, so die Wissenschaftler, mindestens um den Faktor zehn. Bei einem sehr guten Sitz der Maske „wird eine Ansteckung extrem unwahrscheinlich“, heißt es in der Stellungnahme. Von einer generellen Impfpflicht raten die Forscher ab.

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