Zukunftskongress der CDU : „Man rettet das Klima nicht mit Angst und Schrecken“
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Parteichef Friedrich Merz zwischen Julia Klöckner und Generalsekretär Mario Czaja auf dem Zukunftskongress der CDU in Berlin. Bild: dpa
In Berlin kommt die CDU zu ihrem „Zukunftskongress“ zusammen. Die Partei will zeigen, dass sie eine Antwort auf den Klimawandel hat.
In Berlin formiert sich die „Nächste Generation“. Zumindest will das CDU-Generalsekretär Mario Czaja so verstanden wissen, als er am Donnerstag einen Zukunftskongress seiner Partei eröffnet, und macht gleich deutlich, an wen er dabei denkt: „Wir sind die nächste Generation.“ Es gehe darum, sich Gedanken zu machen, wie Klimapolitik mit der Wirtschaft und den Menschen gelingen könne.
Der Zukunftskongress ist eine weitere Wegmarke für die Partei bei der Arbeit an ihrem neuen Grundsatzprogramm. Die CDU will sich wieder in Position bringen, zeigen, dass sie an den großen Fragen der Zeit dran ist und nicht ein überalterter Kanzler-Wahlverein, dass sie eine Antwort hat auf den Klimawandel.
In Anspielung auf die „Letzte Generation“ sagt Czaja, die CDU sei der politische Gegenentwurf „zu denen, die sich auf die Straße kleben“. Viele Menschen machten sich momentan Sorgen, die Klimafrage dürfe nicht zu einer sozialen Frage werden. Ökonomie und Ökologie, Innovation, Forschung und Klima, das gehe zusammen.
„Wer soll das denn aufgreifen, wenn nicht wir“
Deutschland brauche „mehr Klimatechniker als Klimakleber“. Den mehr als tausend Parteimitgliedern, Unternehmern und Wissenschaftlern ruft er darum noch einmal zu: „Lassen Sie uns die nächste Generation sein.“
Für ihren Zukunftskongress hat die CDU das Berliner Tempodrom gewählt, eine in ihrer Architektur an ein Zirkuszelt erinnernde „Eventlocation“, in der an anderen Tagen auch Konzerte gegeben werden – bald steht Filmmusik aus Star Wars auf dem Programm, Titel: „Das Erwachen der Macht“.
Zu flotter Musik und Scheinwerferlicht betreten am Donnerstag auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die Bühne. Beide erscheinen in Anzug und Krawatte, im Hintergrund drehen sich bunte Kreise in Schwarz, Rot und Gold. Jeder soll sehen, dass etwas in Bewegung ist.
„Wir haben zur Zeit in der CDU einen Prozess – und wir sind mittendrin – der lautet Erneuerung der CDU“, sagt Merz und verweist auf die vier Regionalkonferenzen, bei denen in den vergangenen Wochen Parteimitglieder ihre Themen diskutierten. Mitte April stellten Merz und Carsten Linnemann, der den Grundsatzprogrammprozess leitet, die Ergebnisse einer digitalen Umfrage vor, in der die Basis dazu befragt wurde, welche politischen Schwerpunkte die Partei setzen solle. Mehr als 65.000 Mitglieder hatten bei der Umfrage mitgemacht, die Teil des sogenannten „#Mitgliedermärz“ war, zu dem auch ein Wettbewerb unter den Kreisverbänden um Neuzugänge gehörte, den der Kreisverband Köln gewann.
Für die Erneuerung der CDU gibt Merz zwei Ziele aus. Es gehe erstens darum, sich über „uns selbst und unsere Politik“ nochmal zu verständigen. Wenn zweitens der Prozess der Selbstvergewisserung abgeschlossen sei, müsse man den Wählern sagen, dass die CDU auf dem Weg der „Wiederherstellung ihrer eigenen Regierungsfähigkeit“ sei.
Merz hebt hervor, dass er viel in Unternehmen und Forschungseinrichtungen unterwegs gewesen sei in den vergangenen 15 Monaten. Es gebe in Deutschland viel mehr Technologie, als manchmal in der Politik diskutiert werde, und es gebe so viele junge Unternehmer mit so vielen guten Ideen, die brauchten etwas Ermutigung. Auf der an Slogans reichen Veranstaltung sagt der Vorsitzende im Blick auf die Ideen der jungen Unternehmer: „Wer soll das denn aufgreifen, wenn nicht wir und wann denn, wenn nicht jetzt.“
An der Seite von Merz bescheinigt Edenhofer der CDU auf Nachfrage des Moderators, dass der Partei „geradezu eine überragende Aufgabe“ in der Klimapolitik zukomme, weil die CDU die Mitte der Gesellschaft verkörpere und für Marktwirtschaft stehe. Drei wesentliche Botschaften habe er. Zum ersten sei der Klimawandel eine sehr ernste Sache, der Extremwetterereignisse zur Folge habe, vor allem in andern Ländern. „Wir sollten diesen gefährlichen Klimawandel vermeiden.“
Soziale Marktwirtschaft als Kompass
Die zweite Botschaft: „Im Kampf gegen den Klimawandel ist Deutschland nicht allein.“ Er verweist auf Anstrengungen in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. Drittens habe Deutschland mit der sozialen Marktwirtschaft hervorragende Voraussetzungen, um eine Antwort auf den Klimawandel zu geben. Der richtige Weg sei eine „soziale Marktwirtschaft mit einem klaren ökologischen Kompass“, sagt Edenhofer. Der CO2-Preis solle dabei das Leitinstrument sein.
Beim „Zukunftskongress“ wird nicht nur in Podiumsdiskussionen über Wirtschaft und Klimaschutz, klimaneutrale Energie und Wertschöpfung diskutiert, sondern sechs Start-ups bekommen auch die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Ihnen wird dazu jeweils ein CDU-Politiker als Pate zur Seite gestellt.
Und vielleicht auch weil die CDU in ihrem Erneuerungsprozess auf Mitgliederbeteiligung setzt, darf das Publikum abstimmen, welches Unternehmen am meisten überzeugt. Den Wettbewerb gewinnt das Unternehmen „Marvel Fusion“, das eine laserbasierte Fusionstechnologie zur Erzeugung sauberer und sicherer Energie entwickelt. Linnemann hat dafür die Patenschaft übernommen.
Am Ende des Tages ergreift der Parteivorsitzende abermals das Wort. Es ist eine ernste Rede, in der es Merz rhetorisch gelingt, eine Vision zu vermitteln. „Wir lassen uns nicht von Angst leiten, sondern von Zuversicht und Optimismus“, lautet seine Botschaft.
„Wir sind Zeitzeugen einer geradezu epochalen Veränderung, einer tektonischen Verschiebung von politischen und ökonomischen Machtzentren auf der Welt“, sagt er. Merz führt die Zuhörer in die Zukunft und stellt die Frage, wie man einst auf diese Zeit blicken werde. Dazu zähle der „schreckliche Krieg in der Ukraine“, aber auch eine Herausforderung jenseits von Krieg und Frieden, die der eine oder andere so nicht habe kommen sehen. „Wir sprechen über den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen“, sagt Merz. „Wir sprechen über etwas, was wir unseren Kindern und Enkeln weitergeben wollen.“
Eine Antwort auf den Klimawandel sei in einer Demokratie nur mit den Menschen möglich. „Man rettet das Klima nicht mit Angst und Schrecken“, sagt Merz in Abgrenzung zu Straßenblockaden, dem Beschmieren von Gedenktafeln oder der Zerstörung von Kunstwerken.
Man rette es, so wolle er auch an die Adresse der Bundesregierung sagen, auch nicht mit Verboten und Bevormundung. Und dann kommt einer dieser Merz-Sätze: „Eine Demokratie ist eine Demokratie und nicht ein Volkserziehungsheim.“ Es gehe darum, über Wirtschaft, Energie und Klima als Einheit zu sprechen und ein „ganzheitliches politisches Angebot“ zu machen.
„Tiefgreifender politischer Systemkonflikt“
Merz lobt die „unglaubliche Zuversicht“, die beim Zukunftskongress zu spüren gewesen sei. Er wirbt für Technologieoffenheit und sagt sogar mit Blick auf das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045: „Warum trauen wir uns eigentlich nicht zu, mit Technologie dieses Ziel sogar früher zu erreichen, als wir es jetzt in den Verträgen und in den Gesetzen stehen haben.“
Er spricht von einem „tiefgreifenden politischen Systemkonflikt“ in großen Teilen der politischen verfassten Gesellschaft und zeichnet das Schreckensbild eines heraufziehenden „Ökosozialismus“, der Vertretern der „Ökobewegung“ vorschwebe und nennt als Beleg unter anderem den Buchtitel „Der Allesfresser: Wie der Kapitalismus seine eigenen Grundlagen verschlingt“ von Nancy Fraser. Merz setzt dem sein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft entgegen als großem Ordnungsrahmen, um auf die Herausforderungen des Klimawandels zu antworten und Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden.
Im Juni wird die CDU zum großen Grundsatzprogramm-Konvent zusammenkommen, danach sollen die Texte fertiggestellt werden, an denen Fachkommissionen arbeiten, sodass das neue Grundsatzprogramm bis zur Europawahl 2024 vorliegt.