Nicht mehr so links
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Die SPD hat überdurchschnittlich viele Migranten in ihren Reihen und wurde klassisch auch von diesen gewählt. Nun wandern ihnen diese Wähler zunehmend ab. Bild: dpa
Die SPD versteht sich als Migrantenpartei. Doch nun wenden sich die Wähler mit türkischer Abstammung von ihr ab – und der Union zu. Wie konnte es zu einer so großen Verschiebung kommen?
Der SPD war „der Arbeiter“ als treuer Wähler schon lange abhandengekommen, da konnte sie sich noch auf eine Gruppe verlassen: die Deutschtürken. Unter ihnen erreichte sie sagenhafte Ergebnisse. Bei der Bundestagswahl 2013 stimmten laut dem Meinungsforschungsinstitut „Data4U“, das sich auf Umfragen unter Migranten spezialisiert hat, 64 Prozent für die Sozialdemokraten. Da war die SPD noch ganz mit sich im Reinen, denn sie versteht sich seit jeher auch als Migrantenpartei. 2011 führte sie eine Quote ein, nach der in allen Parteigremien Migranten zu mindestens 15 Prozent vertreten sein müssen. Die Bundestagsfraktion hat überdurchschnittlich viele Migranten, vor allem Deutschtürken, in ihren Reihen. Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor gut zwei Jahren nach Deutschland reiste, stellte sich der damalige Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel vor Erdogan-Anhänger in Köln und mahnte: „Uns verbindet unendlich viel mehr, als uns trennt.“
Das gezielte Ansprechen von Migranten war taktisch durchaus klug: Während das klassische SPD-Milieu schrumpft, wächst die Gruppe der Migranten, die in Deutschland wählen können. Hierzulande leben 19 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, das ist fast jeder Vierte. Ihr Anteil wird steigen. Bei der vergangenen Bundestagswahl hat sich der Anteil an Wahlberechtigten mit Migrationsgeschichte (6,1 Millionen), also jenen, die einen deutschen Pass haben, im Vergleich zur Bundestagswahl davor von 9,4 auf 10,2 Prozent aller Wahlberechtigten erhöht. Von den hier lebenden drei Millionen Deutschtürken sind etwa 1,3 Millionen wahlberechtigt.
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