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CDU-Spendenaffäre : Der großzügige Herr Mauss

  • -Aktualisiert am

Geheimnisvoller Spender der rheinland-pfälzischen CDU: Ex-Agent Werner Mauss Bild: dpa

Der frühere Agent Werner Mauss hat über Jahre viel Geld an die rheinland-pfälzische CDU gespendet. Julia Klöckner und andere Politiker waren bei ihm zu Besuch. Nun gerät die Partei in die Defensive.

          3 Min.

          Die rheinland-pfälzische CDU hatte die regierende SPD zuletzt in die Defensive gedrängt. Einer der Vorwürfe lautete: mangelnde Transparenz um den gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn. Mittlerweile ist die CDU selbst in die Defensive geraten. Einer der Vorwürfe: mangelnde Transparenz. Diesmal geht es um Parteispenden. Vor gut einer Woche berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ als erste über Unterlagen, aus denen geschlossen werden konnte, dass der sagenumwobene frühere Geheimagent Werner Mauss der rheinland-pfälzischen CDU, insbesondere dem Kreisverband Cochem-Zell, über Jahre Spenden hat zukommen lassen.

          Timo Frasch
          Politischer Korrespondent in München.

          Mauss, der sich gegenwärtig wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Bochum verantworten muss, lebt seit Jahrzehnten in dem Landkreis an der Mosel. In der Ortsgemeinde Altstrimmig bewohnt er ein festungsähnliches Anwesen samt Pferdegestüt, auf dem auch hin und wieder Politiker zu Gast waren. Etwa der Schatzmeister der Landes-CDU, Peter Bleser, der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium ist und im Bundestag den Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück vertritt. Auch die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner war auf Mauss’ Anwesen: Ende 2009, Anfang 2010 müsse das gewesen sein, sagte Bleser am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Mainz. Nach den Gründen gefragt, antwortete er, Mauss sei eine Person von „gewissem Interesse“. Ausschlaggebend gewesen sei aber „diese riesige Reithalle“.

          Als die ersten Informationen über mögliche Spenden von Mauss öffentlich wurden, tauchten CDU-Politiker zunächst entweder ab oder zeigten sich verblüfft. Der CDU-Landrat von Cochem-Zell sagte der „Allgemeinen Zeitung“, ihm sei darüber nichts bekannt. Erst recht verwahrte er sich dagegen, Mauss könnte sich für das Entgegenkommen der Behörden etwa bei der Ausstellung einer neuen Identität revanchiert haben. Tatsächlich kamen die Spenden – neun Beträge über insgesamt 82.000 Euro zwischen 2008 und 2015, wovon der Landesverband 2010 9000 beziehungsweise 9500 Euro erhielt, den Rest der Kreisverband – nicht direkt von Mauss, sondern von der Anwaltskanzlei Hansen, Varwig und Kollegen aus Eisenach oder, im Fall des Kreisverbands, von Hansen als Privatperson.

          Wegen Steuerhinterziehung : Ehemaliger Geheimagent Mauss vor Gericht

          Naivität und Nachlässigkeit

          Bleser hob am Dienstag hervor, er kenne Hansen, dessen Kanzlei auch eine Niederlassung im Hunsrück hat, „seit Jahrzehnten persönlich“. Er und seine Partei hätten nicht erkennen können, dass es sich bei den Spenden, wie inzwischen klar ist, nicht um Spenden von Hansen, sondern um unzulässige Spenden von Dritten handele, nämlich, das glaubt inzwischen auch Bleser, von Mauss. Noch am 29. September hatte Bleser in der „Rhein-Zeitung“ gesagt: „Ich gehe davon aus, dass das Geld von niemand anders als von Rechtsanwalt Hansen stammt. Jede andere Unterstellung wäre unanständig.“

          Im Falle des gescheiterten Hahn-Verkaufs hatte die CDU der SPD Naivität und Nachlässigkeit vorgeworfen. Dieser Vorwurf richtet sich nun gegen sie selbst. Denn im Verwendungszweck mehrerer Spendeneingänge findet sich der Name einer in Panama ansässigen Briefkastenfirma – „Nolilane“ –, die Mauss zuzurechnen ist. Um diesen Zusammenhang herauszufinden, hätte eine kurze Recherche im Internet genügt. Die Landtagsabgeordnete von Cochem-Zell, Anke Beilstein, ließ hingegen am 29. September mitteilen, dem Namen sei „bislang keinerlei Bedeutung“ beigemessen worden. Das änderte sich am 30. September. Da bestätigte ein Münchner Anwalt von Mauss gegenüber der „Rhein-Zeitung“, dass die Spenden von seinem Mandanten stammten. Zunächst hatte er das noch bestritten. Die Frage ist: warum?

          „Aktive Aufklärungsarbeit“

          Die CDU hat zuletzt immer wieder hervorgehoben, sie habe „aktive Aufklärungsarbeit“ betrieben. Bleser sagte am Dienstag, man habe sich nicht nur nichts vorzuwerfen, sondern werde sogar gestärkt aus der Sache hervorgehen: „Schneller geht es nicht, glaubwürdiger geht es nicht.“ Das liegt im Auge des Betrachters. So brauchte es immerhin vier Tage und mehrere Presseberichte, ehe der CDU-Landesverband nach der ersten Veröffentlichung der Vorwürfe Kontakt zu Hansen aufnahm. Das kann man auch langsam oder zögerlich finden, wenn man bedenkt, dass ein Vorwurf in der Hahn-Affäre an die SPD lautete, sie habe immer nur das zugegeben, was zuvor Journalisten recherchiert hätten.

          Am vergangenen Freitag wandte sich CDU-Landesgeschäftsführer Jan Zimmer an die Öffentlichkeit. In einem vorformulierten Statement hob er für den Landesverband hervor, es habe keine Hinweise auf eine Spende Dritter gegeben. Die Bundespartei habe – wie bei allen veröffentlichungspflichtigen Spenden – auch gegenüber der Kanzlei Hansen schriftlich auf die Veröffentlichung der Spenden hingewiesen und um Überprüfung der Richtigkeit der von der Kanzlei übermittelten Angaben (Angabe zum Spender, Höhe des Betrags) gebeten. Von der Kanzlei sei keinerlei Widerspruch gekommen. Nun müsse man freilich feststellen: „Die Annahme der Spenden war unzulässig.“ Die CDU Rheinland-Pfalz habe daher umgehend den Bundestagspräsidenten darüber informiert und die erlangten Spenden weitergeleitet, sagte Zimmer. Fragen durften die Journalisten nicht stellen. So hatte das vor Monaten auch SPD-Innenminister Roger Lewentz gehalten, als er die Pleite am Hahn verkündete – und war deshalb von der CDU scharf kritisiert worden.

          Bleser sagte am Dienstag, seine Partei sei „Opfer“. Von Hansen sei er enttäuscht, mit Mauss habe er vor ein paar Tagen telefoniert. Der ehemalige Agent habe gesagt: „Wir wollten Ihnen helfen.“ Auf Fragen, welchen Grund es gegeben haben könnte, dass Mauss das nicht auf direktem Wege gemacht hat, ob die CDU womöglich nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden wollte oder sollte, sagte Bleser: Es habe „keinerlei Absprachen“ mit Mauss gegeben. Und: „Mauss gilt bis zum heutigen Tag als integre Person, ich habe keinen Grund, aus Sicht des Schatzmeisters eine Spende von ihm abzulehnen.“

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