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Begrenzung für Eigenbedarf : Lockerung des Cannabis-Verbots in Baden-Württemberg

  • Aktualisiert am

Ein Mann dreht sich einen Joint. Bild: Britta Pedersen/dpa

Zehn statt sechs Gramm Cannabis für den Eigenbedarf sollen im Südwesten bald toleriert werden. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hält davon gar nichts. Eine Expertin des Bundeslandes findet es sinnvoll.

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          Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung lehnt die von Grünen und CDU in Baden-Württemberg geplante Lockerung beim Besitz von Cannabis ab. Die Landesstelle für Suchtfragen dagegen begrüßt die Pläne. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich Grüne und CDU darauf geeinigt, dass künftig der Besitz geringer Mengen bis zu zehn Gramm als Eigenbedarf gewertet werden soll und dann nicht strafrechtlich verfolgt werden muss. Bislang lag die Grenze bei sechs Gramm.

          Dieser Kompromiss sei eine „bittere Pille“, sagte Daniela Ludwig der dpa. „Von der geplanten Erhöhung des Eigenbedarfs auf zehn Gramm halte ich gar nichts“, so die CSU-Bundestagsabgeordnete und Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Mit zehn Gramm könne man sich schon 20 bis 30 Joints drehen. „Das hat mit Eigenbedarf herzlich wenig zu tun.“

          Hintergrund der Entscheidung im Südwesten sei die Annahme, die Justiz komme mit der Verfolgung von Drogendelikten nicht hinterher und Cannabis sei nicht so schlimm. Beides sei falsch, schließlich führe eine gute Mischung aus Prävention und Strafverfolgung zum Erfolg. Ein Anhebungswettbewerb zwischen den Ländern sei nicht hinzunehmen. Berlin und Bremen setzen mit 10 bis 15 Gramm die höchsten Obergrenzen. Die meisten Länder ziehen die Grenze bei sechs Gramm. Diesen Wert schlägt Ludwig auch als bundeseinheitliche Maximalgrenze vor. „Das schafft Klarheit für alle und lässt keinen Platz für weiteres Durcheinander.“ Sie warnte die Länder, sich durch erhöhte Mengen des Eigenbedarfs aus der Verantwortung für die Gesundheit der Gesellschaft und für deren Schutz vor Drogenkriminalität zurückzuziehen.

          Als „erforderliche Anpassung an die Realität“, bezeichnete Christa Niemeier, verantwortliche Referentin der Stuttgarter Landesstelle für Suchtfragen, das Vorhaben. Für weite Kreise gehöre Cannabis zum Freizeit- und Genusskonsum. „Wir müssen wegkommen von der Kriminalisierung von Konsumenten.“

          Ein Fokus allein auf problematischen Konsum bei Jugendlichen werde den Tatsachen nicht gerecht. Auch wenn Cannabis wegen Züchtungen viel intensiver wirke als noch vor 20 Jahren, sei die Droge nicht per se zu verteufeln, sagte die Expertin. „Cannabis als Einstiegsdroge ist ein Mythos, es müssen mehr Faktoren zusammenkommen, um schädliche Abhängigkeiten zu erzeugen.“

          Langfristig sei vorbehaltlich einer Bundesgesetzesnovelle eine staatliche Abgabe an zertifizierten Stellen wünschenswert, so Niemeier – mit starkem Jugendschutz, der besser funktionieren müsse als beim Alkohol. Unverzichtbar seien eine Abgabe erst ab 21 Jahren und Aufklärungskampagnen.

          Dabei seien die körperlichen und psychischen Folgen des Haschisch-Rauchens nicht zu verleugnen, sagte die Expertin. „Das ist wie beim Alkohol – manche werden abhängig, andere nicht, aber gerade bei frühem Einstiegsalter sind bei Entzug Unruhe, Konzentrationsprobleme, Depressionen, Antriebslosigkeit möglich.“ Ein 30-Jähriger, der am Wochenende einen Joint rauche, setze sich hingegen keiner großen Gefahr aus.

          Drogenbeauftragte warnt vor Legalisierung

          CSU-Politikerin Ludwig erklärte einer Legalisierung der Droge, deren Besitz, Handel und Erwerb derzeit noch verbotenen sind, eine Absage. „Was passiert denn, wenn Cannabis legalisiert wird? Beispiel USA oder Kanada: Wir sehen, dass dort weder weniger gekifft, noch der Schwarzmarkt ausgetrocknet wird.“ Deutschland habe bereits mit den Folgen zweier legaler Drogen – Alkohol und Tabak – zu kämpfen.

          Ludwig lobte hingegen das portugiesische Modell: „Hier sind Drogen nicht legal, wie immer behauptet wird, aber Erstkonsumenten werden nicht automatisch angezeigt.“ Sie haben die Wahl, eine Beratung anzunehmen, sich helfen zu lassen oder eine gewisse Summe für eine Ordnungswidrigkeit zu zahlen.

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