Verantwortungsgemeinschaften : Buschmanns Wahlverwandtschaften
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Marco Buschmann spricht im Bundesjustizministerium bei einem Interview. Bild: Michael Kappeler/dpa
Nicht nur Lebenspartner, sondern auch viele Freunde oder Mitbewohner wollten füreinander Verantwortung übernehmen, sagt der Bundesjustizminister. Sie sollen eine neue Form der Lebensgemeinschaft anmelden können. Die Union wittert eine Schwächung der Institution Ehe.
Mit einer neuen „Verantwortungsgemeinschaft“ will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auch Wahlverwandtschaften jenseits der Ehe ermöglichen und fördern. „Menschen wollen füreinander Verantwortung übernehmen“, sagte Buschmann der „Welt“.
Das von der Ampel-Koalition geplante gesetzliche Modell soll frühestens Ende 2023 kommen. „Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist nicht vor der Mitte der Legislaturperiode zu erwarten“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums der Zeitung. Zuvor seien noch viele Abstimmungen zwischen den beteiligten Ressort nötig. Als Orientierung soll demnach ein 2020 vorgelegtes Eckpunktepapier der FDP-Fraktion dienen.
Beim Standesamt eintragen
Diesem Papier zufolge soll eine „Verantwortungsgemeinschaft“ durch zwei oder mehrere Erwachsene unbürokratisch durch Eintragung beim Standesamt geschlossen und wieder aufgelöst werden können, berichtet die „Welt“. Grundvoraussetzung ist demnach lediglich ein „tatsächliches persönliches Näheverhältnis“. Die Ausgestaltung von Rechten und Pflichten soll stufenweise erfolgen.
Die Spanne reicht von gegenseitigen Auskunfts- und Vertretungsrechten bis hin zu Pflege- und Unterhaltsleistungen. Ob, unter welchen Umständen und in welchem Umfang finanzielle Vorteile in Anspruch genommen werden können, müsse aber wie alle anderen inhaltlichen Fragen noch geklärt werden, betonte das Justizministerium der „Welt“ gegenüber.
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Mehr erfahren„Niemandem etwas wegnehmen“
Die Zukunftsfähigkeit der Ehe stehe zwar nicht in Zweifel, sagte Buschmann, der selbst verheiratet ist. Doch die Ehe passe eben nicht zu jedem Lebensentwurf. „Auch im Rahmen von Freundschaften und Wohngemeinschaften tragen Menschen Verantwortung füreinander, die sie rechtlich abgesichert sehen wollen.“
Eine freiheitliche Rechtsordnung müsse diesem Wunsch gerecht werden und „Rechtsinstitute zur Verfügung stellen, mittels derer die Menschen ihre Vorstellungen vom gemeinsamen guten Leben umsetzen können.“ Buschmann erklärte: „Dieses neue Rechtsinstitut wird niemandem etwas wegnehmen. Aber es wird vielen den Alltag erleichtern. „Es geht darum, der Vielfalt der Lebensentwürfe Rechnung zu tragen.“
CSU-Politikerinnen gegen „kleine Ehe“
Protest gegen die Pläne kam aus der Union. Sie halte das Vorhaben für ideologisch motiviert, verfassungsrechtlich problematisch und im Ergebnis für überflüssig, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU). „Damit schwächt die Ampel das durch unser Grundgesetz besonders geschützte Institut der Ehe, indem sie eine Art 'kleine Ehe' mit weniger Bindungswirkung für die Partner eröffnet“, sagte sie der „Welt“. „Damit öffnet die Ampel der Beliebigkeit Tür und Tor.“
Wer heute dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen möchte, könne dies unabhängig vom Geschlecht durch eine Eheschließung tun. „Wem die Bindungen der Ehe zu weitreichend sind, kann jetzt schon Vertrauenspersonen auch außerhalb von Paarbeziehungen bestimmte vertragliche Sonderstellungen einräumen, zum Beispiel medizinische Vollmachten oder Vollmachten bei Bankgeschäften.“ Auch die stellvertretende CSU-Chefin Dorothee Bär sagte, sie sehe keinerlei Bedarf.