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Bundeswehr in Afghanistan : Fliegen, „solange es geht“

Eine Maschine der Bundeswehr startet am Sonntag im usbekischen Taschkent. Bild: EPA

Die Evakuierungsmission werde intensiviert, sagt die Verteidigungsministerin. Es gebe immer mehr Terrorwarnungen im Umfeld des Kabuler Flughafens. Linken-Chefin Wissler empfiehlt bei der Abstimmung über das Afghanistan-Mandat die Enthaltung.

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          Die Bundesregierung hat den Kreis der afghanischen Ortskräfte vergrößert, die als Schutzsuchende einen Anspruch auf Aufenthalt in Deutschland haben. Ein Sprecher des Entwicklungshilfeministeriums teilte am Dienstag mit, analog zu den afghanischen Beschäftigten der Bundeswehr solle nun auch für die Ortskräfte, die in der Entwicklungszusammenarbeit für deutsche Organisationen tätig waren, das Jahr 2013 als Stichjahr gelten.

          Peter Carstens
          Politischer Korrespondent in Berlin
          Johannes Leithäuser
          Politischer Korrespondent für das Vereinigte Königreich und Irland.

          Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte, bislang seien 351 deutsche Staatsbürger aus Afghanistan in die Heimat zurückgebracht worden, rund hundert Deutsche und ihre Familien seien noch in Afghanistan. Die Zahl der schutzsuchenden Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen wurde am Dienstag weiterhin mit rund 10.000 angegeben. Nicht alle von ihnen halten sich in Kabul auf. Es hieß in Berlin, Einzelne hätten auch Fluchtwege aus dem Norden Afghanistans in die nördlichen Nachbarländer gefunden.

          Plädoyer für koordiniertes Vorgehen

          Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), gab gemeinsam mit seinen parlamentarischen Kollegen aus den anderen G-7-Ländern eine Erklärung heraus, die unter anderem verlangt, kein Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft solle einseitig das Regime der Taliban in Kabul anerkennen.

          Stattdessen müsse es ein koordiniertes Vorgehen geben, das idealerweise in einer Resolution des UN-Sicherheitsrats festgehalten werde und sicherstelle, dass die Verpflichtungen, welche die Taliban jetzt einzugehen bereit seien, auch bindend würden. Dazu zählten die Abweisung aller Formen des internationalen Terrorismus, die Verpflichtung zu demokratischen Wahlen, Rechtsgleichheit für Frauen sowie die Einstellung von Rauschgift-Anbau und -Handel.

          Evakuierung aus Kabul: Feldjäger der Bundeswehr und Soldaten eines Air-Mobile-Protection-Teams kümmern sich am Samstag in Taschkent um die Sicherheit an Bord eines Airbus A400M.
          Evakuierung aus Kabul: Feldjäger der Bundeswehr und Soldaten eines Air-Mobile-Protection-Teams kümmern sich am Samstag in Taschkent um die Sicherheit an Bord eines Airbus A400M. : Bild: dpa

          Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) berichtete am Dienstag von „zunehmender Intensität der Evakuierung“. Insgesamt seien 26 Staaten vor Ort und als Knotenpunkte an einer der größten Luftbrücken der Geschichte beteiligt. Es gebe einen wachsenden Anteil von Geflüchteten aus anderen Landesteilen; es gebe auch zunehmende Hinweise auf terroristische Aktivitäten im Umfeld des Flughafens.

          Es bleiben noch sieben Tage

          An die Bundesregierung und die Krisenstäbe werden unterdessen immer wieder Hilferufe von Einzelnen herangetragen. Oft gelinge es Schutzsuchenden mit Papieren nicht, durch die Postenketten am Flughafen zu kommen, auch wenn deutsche Soldaten vor Ort seien. Kramp-Karrenbauer sagte zu, allen Hinweisen nachzugehen.

          Insgesamt wurden bis Dienstag 3670 Personen evakuiert, allein 945 in den zurückliegenden vierundzwanzig Stunden. Unter den Ausgeflogenen war eine Gruppe von 200 Italienern sowie 27 Personen, die in Kabul für die Nato gearbeitet hatten. Insgesamt waren mehr als 2800 Afghanen unter den bisher Ausgeflogenen.

          Die Bundeswehr will auch unter schwierigen Bedingungen ihre Rettungsmission in Kabul fortsetzen. Man werde weiter fliegen, „solange es geht“, hieß es in einer Mitteilung. Bis zum Ende der zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban vereinbarten Frist bleiben noch sieben Tage.

          Die Linke kritisiert ungeachtet dessen, dass der am Mittwoch im Bundestag zur Debatte stehende Auftrag des Parlaments hauptsächlich Deutsche berücksichtige; der Begriff Ortskräfte stehe nicht im Beschluss. Einem Beschluss, der „die Leute so schäbig behandelt und so im Stich lässt“, könne die Linke nicht zustimmen.

          Die Parteivorsitzende Janine Wissler sagte, Enthaltung sei „ein gangbarer Weg“. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen hatte den Rettungseinsatz der Bundeswehr bereits zuvor als „perfide Simulation von Handlungsfähigkeit“ bezeichnet. Der Bundestag soll am Mittwoch nachträglich die Entsendung von bis zu 600 Soldatinnen und Soldaten gestatten.

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