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Schwere Waffen für Kiew? : „Wir hätten keine Möglichkeit mehr, auf Eventualitäten zu reagieren“

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Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal. Bild: Frank Röth

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk fordert schwere Waffen von Deutschland. Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal, wiegelt ab.

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          Die Bundeswehr hat Aussagen des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk widersprochen, dass sie sofort einen Teil ihrer schweren Waffen an die Ukraine liefern könnte, wenn Deutschland das wollte. Dies würde die Einsatzfähigkeit innerhalb der NATO-Verpflichtungen mit derzeit 13.000 und im nächsten Jahr 16.000 deutschen Soldaten beeinträchtigen, erklärte der stellvertretende Bundeswehr-Generalinspekteur Markus Laubenthal am Mittwoch im ZDF. „Wir hätten keine Möglichkeit mehr, auf Eventualitäten zu reagieren, und das würde die Verteidigungsfähigkeit doch erheblich schwächen.“

          Ein Großteil etwa der Schützenpanzer Marder werde auch herangezogen, um Ersatzteile für den Einsatz bereitzustellen. „Das heißt, wir bedienen uns sozusagen aus der Flotte, damit wir den Teil, den wir dann wirklich einsetzen in unseren NATO-Verpflichtungen und an der Ostflanke der NATO zurzeit, damit wir den auch betreiben können“, sagte der Generalleutnant und wies auf die Materiallücken hin, die im Zuge des früheren Sparkurses bei der Bundeswehr entstanden sind.

          Zudem setze die kriegstaugliche Bedienung dieser komplizierten Gefechtssysteme eine gründliche Ausbildung voraus. Es sei nicht so, dass wer irgendeinen Schützenpanzer kenne, dann diese Fahrzeuge auch bedienen könne. Auf die Frage nach der Möglichkeit einer beschleunigten Ausbildung erläuterte er: „Man kann schnell sein, aber dennoch ist es immer noch eine Frage von Wochen. Und zum Zweiten muss dieses Gerät ja auch hergerichtet werden, und es muss versorgbar werden“ mit Ersatzteilen.

          Baerbock: Lieferung gepanzerter Fahrzeuge grundsätzlich möglich

          Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte der Ukraine nach einer Videokonferenz mit Partnern der G-7-Staatengruppe und der NATO am Dienstag weitere militärische und finanzielle Unterstützung zugesagt. Die Lieferung von Panzern aus Beständen der Bundeswehr lehnte er aber ab.

          Im Riga machte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach einem Treffen mit ihrem lettischen Amtskollegen Edgars Rinkevics am Mittwoch deutlich, dass sie deutsche Lieferungen von gepanzerten Fahrzeugen an die Ukraine grundsätzlich für möglich hält. Die Lieferung gepanzerter Fahrzeuge sei „kein Tabu, auch wenn es in der deutschen Debatte manchmal so klingt“, sagte Baerbock. Solchen Lieferungen habe die Bundesregierung bereits zugestimmt. Sie bekräftigte Scholz' Position, indem sie hinzufügte: „Aber kurzfristig ist bei uns nichts vorhanden, was wir jetzt wirklich schnell und unverzüglich liefern können.“ Daher sei mit den NATO- und G7-Partnern ein „Ringtausch“ vereinbart worden. Partner, die schnell Waffen sowjetischer Bauart liefern könnten, erhielten von Deutschland dafür Ersatz.

          Grundsätzlich wird Deutschland der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland nach den Worten von Baerbock auch mittel- und langfristig militärisch helfen. Aktuell müssten die NATO-Verbündeten die Ukraine in den nächsten Tagen und Wochen unterstützen, sagte Baerbock. Es gehe aber nicht nur um den akuten Bedarf. „Es geht auch um die nächsten drei Monate und auch um die nächsten drei Jahre. Und hier wird Deutschland mehr beitragen können.“

          Deshalb habe die Bundesregierung eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, damit die Ukraine auch komplexere Waffensysteme beschaffen könne, die dann langfristig wirkten. Deutschland könne dazu die Ausbildung bereitstellen.

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