https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestagsvizepraesident-der-problem-kandidat-15259543.html

Bundestagsvizepräsident : Der Problem-Kandidat

Hoch umstritten: der AfD-Kandidat für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten, Albrecht Glaser Bild: dpa

Wenn der Bundestag an diesem Dienstag seine Vizepräsidenten wählt, könnte es zum Eklat kommen. Dass der AfD-Kandidat Albrecht Glaser scheitert, gilt als sicher – aber was geschieht dann?

          4 Min.

          Die konstituierende Sitzung eines neuen Bundestags – das verspricht normalerweise nur einen begrenzten Spannungsbogen. Denn das Meiste ist zu diesem Zeitpunkt ja längst eingepreist: die Sitzordnung, die Zahl der Abgeordneten, die wichtigen Ämter im Parlament für die kommende Legislaturperiode.

          Oliver Georgi
          Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          An diesem Dienstag aber, wenn der Bundestag 30 Tage nach der Wahl zusammenkommt und damit die alte Legislaturperiode offiziell endet, könnte das anders sein. Auch wenn die Wahl des nächsten Bundestagspräsidenten, des formal zweithöchsten Repräsentanten des Staates, reibungslos ablaufen dürfte. Dass Wolfgang Schäuble, der wohl gern als Bundesfinanzminister weitergemacht hätte, sich dann aber doch zu einer Kandidatur als Bundestagspräsident durchringen konnte, in der konstituierenden Sitzung gewählt wird, gilt als sicher. Schäuble hat sich in seinen langen Jahren im Bundestag ein hohes Ansehen in fast allen Fraktionen erarbeitet; außer der Union und der SPD hat auch die FDP schon angekündigt, am Dienstag für ihn stimmen zu wollen. Dass die AfD-Fraktion Schäuble nicht wählen will, wie sie am Montag ankündigte, wird an seiner Wahl nichts mehr ändern.

          Weitaus mehr Spannung verspricht die Wahl von Schäubles Stellvertretern, den Bundestagsvizepräsidenten. Lange war in der Geschäftsordnung des Bundestags nicht eindeutig festgelegt, wie viele Stellvertreter der Präsident hat. Erst 1994 wurde die Geschäftsordnung derart präzisiert, dass jede Fraktion im Parlament einen Vizepräsidenten stellen darf. An diese Regelung haben sich die Parlamente meist auch gehalten – mit Ausnahmen. So setzten Union und SPD in der großen Koalition 2005 gegen FDP, Grüne und die Linkspartei zwei Stellvertreter für die Sozialdemokraten durch. In der letzten Wahlperiode von 2013 bis 2017 stellten Union und SPD je zwei Vizepräsidenten, weil durch das Ausscheiden der FDP aus dem Parlament nur noch vier Parteien im Bundestag vertreten waren, die Grünen und die Linkspartei je einen.

          Bundestag : Niedrigster Frauenanteil seit 20 Jahren

          Sechs Stellvertreter für Schäuble

          Auch in der kommenden Legislaturperiode wird es im Bundestag sechs Vizepräsidenten geben, auch wenn Union und SPD das Präsidium wegen der zusätzlichen Parteien im Bundestag (FDP und AfD) gerne vergrößert hätten und für sich zwei Stellvertreter reklamiert haben. Für vier der sechs Fraktionen dürfte die Wahl ihres Kandidaten ohne größere Probleme verlaufen: Die CSU hat den früheren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nominiert, für die Grünen soll wie schon seit 2013 Claudia Roth das Amt bekleiden. Auch die Linkspartei hat mit Petra Pau ihre Vizepräsidentin der vergangenen Legislaturperiode wieder nominiert. Ihre Wahl gilt als ebenso sicher wie die von Wolfgang Kubicki, der für die FDP Bundestagsvizepräsident werden soll – zumindest vorläufig. Denn weil Kubicki als Kandidat für einen (Finanz-)Ministerposten in einer künftigen Jamaika-Koalition gilt, könnte er seinen Posten als Bundestagsvize schon in ein paar Wochen wieder abgeben. Nicht umsonst sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner bei Kubickis Nominierung, dies gelte für den Fall, dass die FDP die „Oppositionsrolle“ übernehme. Sollte Kubicki ins Kabinett umziehen, müsste die FDP einen weiteren Kandidaten für das Bundestagspräsidium nominieren – dessen Wahl dürfte dann aber unproblematisch sein.

          Kniffliger war die Wahl des Vizepräsidenten schon für die SPD, wo die Entscheidung, wer Schäubles Stellvertreter wird, auch ein Lackmustest für die Machtbasis des Parteivorsitzenden Martin Schulz war. Schulz und der Fraktionsvorstand hatten den früheren Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann als Kandidaten nominiert, was vielen Genossen aber missfiel.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Mit schmerzverzerrtem Gesicht: Papst Franziskus am Mittwoch nach der Generalaudienz

          Vatikan : Papst Franziskus mit Lungenentzündung im Krankenhaus

          Erst sprach das Presseamt des Heiligen Stuhls noch von „geplanten Untersuchungen“ in der Gemelli-Klinik. Dann gingen Bilder des offenbar ernst erkrankten Papstes durch die Medien.
          Es gibt einige Menschen, die erst im fortgeschrittenen Alter eine ADHS-Diagnose erhalten.

          ADHS bei Senioren : Ein Leben in Unruhe

          ADHS betrifft nicht nur Kinder, manche erfahren erst als Senioren, dass sie betroffen sind. Für viele ist die Diagnose im hohen Alter ein Schock – für andere eine Erleichterung.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.