
Spitzenkandidatin in Hessen : Nancy Faeser kalkuliert die Niederlage schon ein
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Nancy Faeser beim Hessengipfel der SPD in Friedewald Bild: Lucas Bäuml
Innenministerin Nancy Faeser will nur im Falle eines Wahlsiegs nach Hessen wechseln. Politisch klug ist das nicht.
Als Nancy Faeser vor gut einem Jahr Bundesinnenministerin wurde, war sie jenseits von Hessen kaum bekannt. Insofern kann sie sich fast schon freuen über den parteiübergreifenden Vorwurf, sie könne nicht acht Monate lang gleichzeitig Ministerin und Spitzenkandidatin sein. Sie wird jetzt als echte Konkurrentin wahrgenommen.
Zuletzt waren SPD-Politikerinnen ja mehr Absteiger als Aufsteiger, siehe Christine Lambrecht, siehe Manuela Schwesig. Überhaupt hat die hessische SPD mit der Personalie ein Geschick bewiesen, das man ihr gar nicht mehr zugetraut hätte.
Muss sie doch noch alles auf Hessen setzen?
Für die Wähler dürfte aber eine andere Entscheidung von Faeser als die des Doppelamts aussagekräftiger sein. Sie will nur als Ministerpräsidentin nach Hessen wechseln, im Fall einer Niederlage in Berlin weiterhin eines der größten und wichtigsten Ressorts der Ampel führen. Am ehesten könnte wohl Bundeskanzler Scholz mit einer geschwächten Innenministerin leben. Eine Niederlage in Hessen dürfte für ihn weniger schmerzhaft sein als für seine Partei, die hofft, mal wieder ein Flächenland von der Union zurückzuerobern.
Aber Faeser bringt das in eine Zwickmühle: Sie brauchte und braucht bis zur Landtagswahl im Oktober das prominente Amt, um gegen CDU-Ministerpräsident Boris Rhein und die Grünen überhaupt eine Chance zu haben. Gleichzeitig scheut Faeser mit der attraktiven Rückfalloption das politische Risiko. Die Spitzenkandidatin kalkuliert die Niederlage schon ein. Gut, dass die Wähler das jetzt schon wissen. Aber politisch klug war das nicht. Faesers Chancen auf einen Wahlsieg dürften ausgerechnet im Moment der Verkündung der Kandidatur gesunken sein.
Sie wird nun beobachten müssen, welche Dynamik der Wahlkampf entwickelt. Ob sie im Sommer doch noch alles auf Hessen wird setzen müssen, wenn die SPD in den Umfragen nicht genug zulegt? „Es ist nicht die Zeit, um Wahlkampf zu machen“, behauptet Spitzenkandidatin Faeser selbstbewusst. Das werden CDU und Grüne anders sehen.